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Poezii Românesti - Romanian Poetry

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Bei der Granatapfelernte in Rahova – 13
prose [ ]
rinnerungsroman von Anni-Lorei Mainka [Almalo ] (1958 - 2014)
Compilation: Ãœbersetzungen

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by [Delagiarmata ]

2017-10-06  | [This text should be read in deutsch]  

Literary Translation - Translations of classic and original poetry and other materialsThis text is a follow-up  | 



Wie und warum bleibt man in Rumänien

Vater kam von den Außendienstfahrten mit dem Koffer in der einen und einer Tragetasche in der anderen Hand, von denen aus festem rotem Plastikfaden oder grünen Taschen mit Löchern, die dir die Haut der Innenhandfläche aufschnitten. Der Bildhauer Napoleon Tiron trug seinen Pass in einer solchen Tüte, aber die aus seinem Umfeld taten so, als würden sie es nicht sehen. Wen störte es auch, dass man ihn sah? Niemand – soundso schaute niemand jemand an. Vater brachte in der Tragetasche, nach seiner Meinung, eine Art Geschenk. Einen Frosch oder eine Katze, oder wenn er irgendeine Gelegenheit hatte, in einen Kaufladen zu gehen, kaufte er auch eine bittere Schokolade.

Eine schönere gab es nicht zu kaufen, nur im Shop – sie hieß Toblerone. Man erwarb sie unter der Hand für den Arzt. Es gab noch mit Rum oder Napolitane „Sport“. Wer jemand zum Geburtstag eine Überraschung machen wollte, kaufte Fondantbonbons in verschiedenen Farben, jeder mit besonderem Geschmack. Heute scheinen die Farben gelungener zu sein oder die Erinnerungen sind verblasst. Aber das ist nicht mehr von Bedeutung.

Die Ankunft des Vaters dauerte ein paar Tage. Mutter wusch, bügelte und appretierte Kissen- und Deckenüberzüge, kaufte ein, trug herbei, als wären die heiligen Feiertage gekommen oder als würde Vater die Fenstereinfassungen zensurieren, würde mit der Lupe den Staub in den Ecken des Parcketfußbodens suchen, oder er würde mit dem Finger über die Teller mit dem Wappen Siebenbürgens fahren, die eine Art Wurfminen der Kindheit waren und es geblieben sind.

Aber Vater, wichtiger als der Weihnachtsmann, sah eigentlich nichts.

Er kam, stellte den Koffer ab, schaute kurz nach dem Radio, nahm aus der Tasche einige Postkarten, die er uns nicht schicken konnte, befreite „das Geschenk“, das sich verwirrt umzusehen begann, aus der Tragetasche, und der Rest war viel von Dialogen voller Gleichnisse unterbrochenes Schweigen.

Abends, wenn das Tageslicht zu schwächeln begann, tauchte Mihãițã am Zaun auf und bemühte die wenigen deutschen Worte, die er von mir gelernt hatte: „Guten Tag, Herr Willi“, und schlug sich auf einem Bein hüpfend an die Stirn.

„Mihaița, gut Junge, schau hier auch du Schokolade …“, und beide gingen aufeinander zu. Mihăiță öffnete das Tor mit Mühe, sprang zur Seite, obwohl er wusste, dass weder ein Hund noch ein Truthahn ihm etwas antun. Aber ein Hahn hat ihn mal angesprungen und seither hatte er Todesangst vor allem, was sich im Hof bewegte, der eine Art Paradies war im Vergleich zu ihrem kleinen, fast ganz von unserem Flieder überdeckten Höfchen.

„Waren Sie weit weg, Herr Willi?“, fragte er dann demütig und den Mund des großen und blonden Mannes in den Blick nehmend. „Mit dem Zug? Ich war noch nie mit dem Zug … und habe nicht einmal einen Koffer … Ich glaube, zuerst brauche ich einen Koffer …“

„Ja, weit, in Radauți* … hast du gehört …?“
„Nein, hört sich weit an … Was ist dort …?“
„Dort haben wir eine Fabrik gemacht und haben gut gegessen mit Frauen und wir waren haben gesehen die Statue mit Stefan dem Großen … Hast du gehört?“

Für Vater war „hören“ gleich mit „sehen“, aber die ihn kannten, verstanden seine fröhlichen Ausdrücke mit drolligen Akzenten.

„Ja, also wer hat noch nicht von Mircea dem Alten*, von Stefan dem Großen* und Eminescu* gehört“, stammelte Mihăiță, eine Schokolade mummelnd.

„Wer ist Eminescu?“, entgegnete Vater, der vor Müdigkeit ab und zu nur das letzte Wort noch mitbekam.

Aber hier war die Schokolade zwischen den jetzt noch schwärzeren Fingern Mihăițăs verschwunden und, um nicht eingestehen zu müssen, dass er eigentlich nicht wusste, wer Eminescu war, lief er leichten Fußes aus dem Hof, seine Baskenmütze, nach gutem Brauch, wenn er sich gut fühlte, in die Höhe werfend und ihr mit einem Blick folgend, so als würde er hoffen, dass sie dort oben auch jemand abfängt, um sie ihm dann wieder richtig aufzusetzen, ihm dabei den Kopf streichelnd. Die Baskenmütze fiel ab und zu auch in andere Gärten und bescherte ihm noch mehr Probleme.

Einmal im Jahr kontrollierte Vater das Heft mit allen Ausgaben. Ich glaube, dass man das heute Fiskus nennt. Er tat das sehr taktvoll mit einem Bleistift, den niemand berührte. Er spitzte ihn, ohne dass er jemals stumpf wurde. Er spitzte ihn präventiv.

Und dieser Bleistift lag in der letzten Schublade und hatte nur die länge eines Fingernagels – von lauter Spitzen.

Am zweiten Tag, als auch er von der Arbeit mit dem Bus kam, fremd unter den Menschen, erzählte er irgendetwas, sehr kurz.
„Die Gegenwart ist unbedeutend“, nach seiner Meinung. „Die Ideen und Gedanken sind wichtig“, aber auch diese „behält“ nach seiner Meinung „jeder für sich“.

Und Vater hielt sich an seine Redensarten wie Mutter an die Bibel, ich war wie eine Kompassnadel in der Mitte und orientierte mich nach ihren Worten und den Jahreszeiten, die damals ausgeprägter als heute waren.

Das Geschenk war, wie ich sagte, meistens ein Lebewesen. Das Glück der Mutter war, dass Vater, höchstens drei, vier Mal im Jahr nach Hause kommend, es schaffte, die Tiere zu akklimatisieren oder einen Halter für sie zu finden.

Er hat Schildkröten gebracht, viel zu viele Katzen, Igel, Fische, Hasen, Hunde, eine Ziege, ein Lamm, ein Schaf, einem Truthahn, aber am leichtesten schien er einen Hund bringen zu können.

Die Tiere vergaßen ihn aber schnell, er begriff das nicht, er hatte sie gebracht, ihnen einen Namen gegeben, sie hätten ihn erkennen müssen, ja, manchmal meinte er sogar, dass er ihnen gefallen und sie ihm folgen müssten.

Was Vater nicht verstand: Eine Beziehung, ganz gleich welcher Art, baut man nicht auf durch Korrespondenz, auch nicht mit Geschenken, und die wenigen Wortarten oder Diskussionen im Laufe eines Jahres hinterlassen Erinnerungen; so viel.

Er ärgerte sich über keinen Hund mehr, der ihn nicht erkannte, sondern nur über die, die ihn auch noch anbellten. Ein Leben oder einen Hof ohne Tiere konnte er sich nicht vorstellen. Und das, glaube ich, war uns allen drei eigen.

Ich habe Mutter ihn kein einziges Mal für das, was er herbeibrachte, kritisieren gehört. Ihre kleinen Apostrophierungen beschränkten sich auf „du hast nicht die passenden Manschettenknöpfe genommen“ oder „du hast den Schal verloren, sehr teuer und wo finde ich jetzt einen anderen“.

Zur Zeit meiner Kindheit trugen die „echten“ Männer Manschettenknöpfe.

Vater hatte davon eine Sammlung, von schwarz, dunkel weichselrot, bis zu einigen mit Bernsteinen, und Sonntag, reichte Mutter ihm für den Gang zur Kirche ehrfurchtsvoll die aus Gold, die sie nach unserer Rückkehr um die Mittagszeit wie zwei Eier nahm und sie in das mit unzähligen Gummis umschlungene Schachtelchen in Watte bettete.

So fand ich sie auch nach Mutters Tod, eingehüllt in einer alten Watte, abgenutzt, durchdrängt von einem feinen Staub mit miefigem Geruch, wie oft Mutter sie wohl ein- und ausgewickelt hat, in der Originalschachtel, auf der man nur noch vage lesen konnte „Calea Victoriei“ und ich weiß nicht welche Nummer.

Selbstverständlich lag neben jeder kleinen Sache eine Quittung.

„Man weiß nie, wozu du einen Beweis benötigst, dass du sie nicht gestohlen hast!“
„Wie sollst du Manschettenknöpfe stehlen?“, ärgerte ich Mutter. „Schmeiß diese Quittungen weg, man kann gar nichts mehr auf ihnen lesen!“
„Du wirst schon sehen, welche Probleme du haben wirst“, antwortete sie kurz, im Refrainstil, den ich jetzt Alltagserfahrung nennen kann.
„Zwei Manschettenknöpfe ohne Quittung, oh welch ein Problem“, hänselte ich sie.
„So seid ihr Jungen, dass ihr über uns lacht, warte nur, du wirst schon sehen, was dich erwartet.“

Ich habe zugehört und nicht geworfen und niemand hat etwas geworfen. Als er sich bereit machte zum sogenannten „endgültigen“ Weggang, wurden wir mit einem Mann am Tor konfrontiert, der wissen wollte, ob wir eine Genehmigung für den Besitz einer Schreibmaschine hätten.

Sauber, eine dreckige Situation, in der auch eine originale Quittung ihnen viele, viele Wege nicht ersparen konnte.

„Guten Tag, ich will nicht stören …“
„Treten Sie ein, Sie stören nicht. Ein Kaffee?“
„Oh, sicher. Einen echten, oder?“
„Natürlich!“

Mutter hatte ihre Quellen. Als große Kaffeetrinkerin, wobei Vater und ich nur Tee tranken, hatte sie ein Ablagefach mit Blechdosen aus der Nachkriegszeit mit allen möglichen verdrehten Reklamen, bis zum Rande gefüllt mit Kaffee.

Der Herr im aschgrauen Anzug hat getrunken, zufrieden geseufzt und uns danach mit leiser Stimme gefragt:
„Haben Sie vielleicht, wissen Sie, seien Sie mir nicht böse, ich habe von den Nachbarn gehört …“
„Was haben Sie gehört, man hört vieles und besonders heutzutage mit diesen Demolierungen, wehe uns, nichts anderes …“
Mutter war nicht mehr aufzuhalten.

„Ganz einfach, haben sie eine Schreibmaschine mit Genehmigung oder nicht?“

„Natürlich, wir haben eine Schreibmaschine, aber eine Genehmigung benötigten wir nicht, wir haben eine Quittung, wir haben sie gekauft, schauen Sie auf der Calea Victoriei* …“

„Gnädige Frau, ich glaube, Sie verstehen mich nicht. Wo ist die Genehmigung?“

Vater, ein höflicher Mensch, hat ein Glas Wein eingeschenkt, hat die Schreibmaschine unter dem Tisch hervorgeholt und dabei gedacht, dass alles erledigt ist.

„Zum Wohl! Siehst du sie? Nimm sie Genosse.“ Vater benutzte „Genosse“ statt „Herr“, hatte er doch von den Sachsen vor der Lutherischen Kirche gehört, dass es gut ist, sich in allem gleich zweimal abzusichern, das schadet nicht.

„Mein Töchterlein verbraucht viel Strom damit, es schreibt, was weiß ich, die ganze Nacht.“
„Manifeste?“
„Das, schau es dir an, aber woher! Manifeste schreibt in eure Land niemand, Ihr seid zu ängstlich … Eh, auch wir waren ängstlich, aber vielleicht wenn du ein kleiner Mensch bist, musst ängstlich sein. Mein Töchterlein schreibt Gedichte, sagt es, niemand versteht sie, aber es schreibt sie, ich habe bloß Angst, es verdirbt Augen!“ Erklärungen eines besorgten Vaters, er sprach sie aus, als ob das normal wäre.

Dieser Mensch sah freundlich aus, ruhig, fast zu gepflegt, also kurz geschoren, sogar mit gepflegten Fingernägeln. Mutter schaute immer auf die Nägel und Absätze, „so siehst du, ob er ein seriöser Mensch ist“. Bis heute habe ich diese Beobachtung nicht verstanden, ich glaube es war ein Tick, auch aus der Vorkriegszeit.

Und er schien uns nichts Böses zu wollen, auch er hatte einen Dienst, aber wie viel Angst ein Normalbürger in Rumänien oder in Deutschland vor der eigenen Regierung, Diktatur oder der sozialen Finsternis hat, gedachte er nicht zu erzählen.

Vater war sowieso der Meinung, dass es gut ist, dich nicht in Sachen einzulassen, von denen du nicht alles verstehst und du nicht sicher bist, dass deine Äußerungen korrekt sind und du damit Erfolg hast. Jetzt verstehe ich, warum man ihn den Deutschen nannte, also die Genauigkeit haben sie erfunden, das ist es.

Aber auch Vater brach nach seiner Rückkehr nach Deutschland das Herz endgültig.

Er vertrat die Auffassung, dass die Seele nur schadet und es gut ist, zu wissen, dass es nur die Gegenwart gibt, man nie am Essen und der Fröhlichkeit sparen und nach 18 Uhr unter keinen Umständen noch essen soll.

Mit 40 hat er das Rauchen gelassen, Trinken und Poker spielen mit 50, Schwimmen und Sport nie, er hat bis 84 gelebt und seine letzte Geliebte hatte er so um die 77.

„Vor dem Krieg hast du ein Fahrrad irgendwo stehen gelassen und nach ein paar Tagen hast du es gefunden, heute ist Schluss damit, die Menschen stehlen und das ist nicht gut, wenn in Deutschland gestohlen wird, beginnen die Probleme.“

Aber hier hielt er inne. Er hat viel gelitten, bevor er für immer ging. Sein Vorkriegsdeutschland war verschwunden, für Mutter war Vorkriegsrumänien verschwunden, und ich musste dauernd ihre von Schmerz verstümmelten und in viele, mal vor Angst, mal vor übermäßiger Vorsicht, Stücke zerrissenen Erzählungen anhören.

„Seien Sie mir nicht böse“, fuhr der Herr fort, mit einem Auge auf der Schreibmaschine und dem anderen im Glas, „ich bin gekommen, um die Genehmigung zu kontrollieren …“
Mutter schwenkte dauernd die Quittung, lehnte sich an den Tischeck, Vater hielt sich am Trinkglas fest und schaute zum Himmel, im Hof liefen Hündchen, Katzen, Truthähne und verschiedene Lebewesen mit Rückenschild krochen durch Mutters Blumen.

Der arme Mensch begann, von Vater aufgemuntert, mal die Schreibmaschine zu nehmen, mal noch ein Glas Wein zu trinken, zu stottern, er hat darauf verzichtet, noch irgendwelche Protokollunterschriften zu verlangen, sagte dass er wiederkommt, wenn wir uns eine Genehmigung für die Schreibmaschine geholt hätten, gab uns eine Einladung zur Polizei, wo wir einen Antrag zum Kauf einer Schreibmaschine stellen sollen.

Vater ordnete die Situation seinen schlechten Rumänischkenntnissen zu, Mama glaubte, dass jemand sich einen schlechten Scherz erlaubt habe, und ich erklärte ihnen, dass wir im Jahre 1984 sind. Vor zwei Jahren war ein Gesetz herausgebracht worden, dass man sich Genehmigungen zum Kauf einer Schreibmaschine einholen sollte.

„Aber wir haben sie in der Calea Victoriei gekauft, also vom Staat“, stammelte Mutter noch, dem armen Menschen auf die Schulter klopfend, ihm einen Fliederstrauß in die Arme legend, „nehmen Sie, denn Sie waren lieb“.
Er lehnte dauernd mit den Worten ab: „Ach Gnädige, aber kann das sein …“

Vater versuchte, zu verstehen, wie es einerseits sein kann, dass jemand dich dazu bringen will, eine Genehmigung für etwas einzufordern, das du ja schon besitzt, und andererseits diesen Gegenstand auch nicht mitnehmen will.

Zum Schluss ging der Mensch zufuß weg, sich an dem zu großen Fliederstrauß festhaltend.

Vater kam zu dem Schluss, dass es nur wenige Erklärungen gibt: Entweder die rumänische Sprache und die Rumänen sind komplizierter, als er es sich vorgestellt hatte, oder sie sind ganz verblödet und machen verworrene Gesetze, oder ich hätte etwas angestellt und muss bei der Polizei vorstellig werden.

Zu diesem Schluss gekommen, hat er am nächsten Tag die Schreibmaschine Olivetti und die Quittung genommen und sie zur Polizei gebracht. Mutter sagte ihm, dass er nicht richtig handle, ich weinte, weil ich ohne sie nicht mehr so schön schreiben konnte. Und so gelangten wir im Gänsemarsch zur Polizei und übergaben die Schreibmaschine.

Aber nicht einmal die von der Polizei wollten sie.

„Eine Genehmigung haben Sie?“
„Nein Herr, wir haben sie auf der Calea Victoriei in den Jahren 79 oder 80 gekauft, vom Staat, schauen Sie die Quittung …“
„Gut, ich habe verstanden, unterschreiben Sie hier, dass Sie eine Genehmigung wünschen.“

Großer Schweigemoment auf allen Seiten.

Vater wendete sich stotternd Mutter zu: „Unterschreib du, ich bin kein Rumäne“, und Mutter hat unterschrieben, damit wir eine Genehmigung zum Besitz einer Schreibmaschine erhalten, die wir erkennbar ja schon hatten, denn sie, die Schreibmaschine, war ja auch zugegen! Wenn Vater etwas nicht verstand, redete er deutsch und bat Mutter, die Verantwortung zu übernehmen.

Es wurde nicht mehr über sie gesprochen, bis zum Tag des Weggehens, als wir plötzlich den Pass bekamen und ich die Genehmigung für den Erwerb einer Schreibmaschine. Ich habe unterschrieben, dass ich keine brauch. Ein ziemlich misstrauischer Blick folgte meiner Hand, als ich das Papier für den Verzicht unterschrieb. Es war sehr kompliziert, das alles zu verstehen.

Jetzt sage ich mir, dass ich viel glücklicher war, sie nicht verstanden zu haben, denn ich wäre sehr betrübt gewesen, und ich gebe Vater recht mit der Bedeutung der Gedanken und der Augen.

So endete die Geschichte mit der Schreibmaschine, die eine ordnungsmäßige Quittung hatte; ich lachte über Mutter, denn auch mit der Quittung glaubte ihr niemand, dass sie sie nicht gestohlen hatte; und wen interessierte unser Kaufbeleg eigentlich, als wir keine Genehmigung hatten.

Seit damals hat Vater mit niemand mehr gesprochen, der ans Tor klopfte, er bildete sich ein, dass wieder jemand etwas Unlogisches von ihm wolle und Mutter alle Probleme lösen müsse.

„Warum bist du in Rumänien geblieben?“, fragte ich ihn auf Rumänisch.

„Wie bitte …“, antwortete er mit verlorenem Blick, wenn er nicht zu antworten wünschte. Ich war noch keine 11 Jahre alt, als ich ihn zum ersten Mal fragte. Mutter klopfte mir auf die Schulter und flüsterte mir zu:
„So etwas fragt man nicht und auf keinen Fall spielend …“
In dem Sommer, als ich Bukarest verließ, um an einem sogenannten Lyzeum im Kreis Argeș zu arbeiten, saß ich einen ganzen Abend lang und spielte mit Vater Tricktrack, der Hof war eine wahrhafte Oase voller Blumen, kleinere oder größere Tiere und Musik vom Tonband.

„Warum bist du in Rumänien geblieben“, habe ich ihn dieses Mal auf Deutsch gefragt, auf eine Antwort hoffend, um mit den Abertausenden von Vermutungen oder Mutters Umdeutungen aufzuhören.
„Weil sie mir damals nach dem Krieg das Leben gerettet hat, die Leute kümmerten sich um mich, als ich krank war, denn bei Kriegsende wäre ich nicht nach Hause gekommen, so krank wie ich war.“

Die Antwort kam mir am Anfang einfach vor, man könnte sagen oberflächlich, zu korrekt, so als ob ich jemanden von ihm erzählt hätte, das dann Auswirkungen auf ihn gehabt hätte. Vater machte wenige Fehler, aber er beherrschte sich so gut, dass er den Eindruck eines Menschen machte, der alles dem Zufall überlässt.

Nach langer Zeit stellte sich heraus, wie wichtig der Mensch ist, der in Extremsituationen bei dir ist, an Tagen, die du glaubst nicht allein bewältigen zu können, und dann rettet dich der Mensch und der Ort wie ein Wunder.

Vater suchte nicht nach Erklärungen, warum er nicht weggehen konnte, wie andere es in den ersten Monaten nach Kriegsende taten.

„Die Wunder haben keine Erklärungen, sie existieren und müssen in Ruhe gelassen werden, sie sind die weiße Magie über uns, danach die schwarze irgendwo in der Erde, aber das ist nicht wichtig …“, und er fuchtelte mit seiner rechten Hand, die von einem Feuer, das er wie ein Wunder so um 1957 im Werk von Suceava überlebt hatte, mit Narben überzogen war.

So blieb Vater über vierzig Jahre lang in Bukarest.

Aber um zu sterben, kehrte er nach Hause zurück. Auch das habe ich nicht verstanden. Mutter hat es mir erklärt, auch vor ihrem Tod: Es gibt ein Gefühl, das dich dazu veranlasst, zurückzukehren, von wo du gekommen bist, um deinen Lebenskreis zu schließen.

„Alles zu seiner Zeit“, ein Familienrefrain, den ich ignoriert und mit Langeweile bedacht habe. Es überrascht mich, wie oft ich ihn trotzdem benutze, wie übrigens auch meine Eltern. Als würde sich auch die Stimme nach diesen Beispielen, die sich mir im Gedächtnis festgesetzt haben, formen. Und meine Tochter hat denselben abwesenden Blick wie ich, wenn Mutter sich erdreiste, mir zu erklären, dass nicht gut ist, was ich mache und sogar eine „große Schande“ wäre …
Aber das ist ein anderes Thema: die Schande, was sie ist und was sie will.

Wahrscheinlich haben wir etwas gemeinsam mit den Elefanten, die, wie man mir sagte, den von ihnen bevorzugten Friedhof allein finden.


[aus dem Rumänischen von Anton Potche]


*Worterklärungen

- Radauți = Rădăuți, deutsch Radautz, Stadt im Kreis Suceava, in der historischen Provinz Bukowina
- Mircea der Alte (1355 – 1418) = Wojewode der Walachei von 1386 bis 1418
- Stefan der Große (um 1433 – 1504) = Wojewode der Moldau von 1457 bis 1504
- Mihai Eminescu (1850 – 1889) = rumänischer Dichter
- Calea Victoriei = Boulevard in Bukarest

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