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- - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - 2007-09-19 | [This text should be read in deutsch] |
âDoar n-am băut cucutăâ, sagt der RumĂ€ne und meint damit, dass er nicht verrĂŒckt sei. Ist man das vielleicht, wenn man sich anschickt ein Sonett aus dem RumĂ€nischen ins Deutsche zu ĂŒbertragen, besser gesagt, den Versuch mit fragwĂŒrdigem Ausgang startet, ein Sonett in einer anderen Sprache nachzudichten?
Wenn ich da lese âPe marea-nvolburatÄ, de cucutÄâ, also ein vom giftigen Schierling aufgewĂŒhltes Meer, dann packt mich die Fantasie, zumal ich gerade von einem Nordseedeich in meine windgeschĂŒtzte BĂŒsumer Ferienwohnung zurĂŒckgekehrt bin. So stĂŒrze ich mich kopfĂŒber in ein eher aussichtsloses Abenteuer, kann man doch schon das Verstehen oft als Erfolgserlebnis werten, geschweige denn auf einen Ăbersetzungs-Nachdichtungserfolg setzen. Strickend, mich ĂŒber ihre Brille anschauend, erklĂ€rt meine Frau mir erst mal, was ich mir aus botanischer Sicht unter einem Schierling vorzustellen habe. Ach ja, daraus schlingt die erste Metapher empor und damit auch gleich die erste Willensschwankung: Soll ich mir das wirklich antun? Meine bessere HĂ€lfte grinst. Sie kennt meinen Virus und weiĂ, dass er nicht besiegt werden kann. âEs ist ein Spektakel fĂŒr Eliten mit aktualisierten LektĂŒren aus der okkulten Philosophie, die den Platz in der Herde ablehnen und den Dirigentenstab eines scharfsinnigen, raffinierten und vor allem gut dokumentierten Magisters akzeptieren könnenâ, schreibt Radu Cernătescu im Vorwort des Gedichtbandes Alchimice von Daniel Stuparu. Der Blick meiner Frau verleitet mich zum Lesen und Wiederwiederlesen dieses Satzes, was mein Zögern ins UnertrĂ€gliche steigert. Schon verspĂŒre ich die ersten KleinmutsanflĂŒge. ![]() Dagegen hilft nur eins: die erste Buchseite. Da steht nĂ€mlich in beneidenswerter Kaligraphie: âDem guten Freund Anton Potche gewidmet, weil, wie man sagt, 'tăt Banatu-i fruncea'. â Aus RumĂ€nien â D. Stuparuâ. Freilich ist das mit der guten Freundschaft eher eine Höflichkeitsformel, die ich natĂŒrlich sehr schĂ€tze, die aber doch zu nichts verpflichtet â obwohl in deutschen Feuilletons der unsinnige Trend zu erkennen ist, dass befreundete Autoren sich gegenseitig die BĂŒcher rezensieren-, wo wir uns doch nur flĂŒchtig ĂŒbers Internet kennengelernt haben. Aber da ist noch dieser Spruch mit der Banater Stirn, der in verflossener LichtĂ€ra dem Bukarester Nomenklaturkader schon mal auf den Magen schlug. Also weitermachen! Das bin ich schon unserer gemeinsamen Abstammung schuldig, obwohl ich nicht mehr im Urlaubskoffer habe als Isaac Bashevis Singers Erinnerungsbuch âVerloren in Amerikaâ und Elfriede Jelineks Roman âDie Klavierspielerinâ. Das sind zwar keine Studien okkulter Philosophie, aber an ObskuritĂ€t mangelt es auch ihnen nicht. Erst mal durchlesen und dann wieder lesen. Und siehe da: NatĂŒrlich wird keine Suppe so heiĂ gegessen, wie sie gekocht wurde. Wirklich. âDie beschriebene Welt ist uns allen familiĂ€r, aber in einer eigenartigen Art und Weiseâ, schreibt Petre Flueraşu ĂŒber dieses BĂŒchlein mit 40 Sonetten. http://www.agonia.ro/index.php/article/1740182/ Da wĂ€re zum Beispiel die Wut ĂŒber die verlorene Liebe: Nigredo - SchwĂ€rzung. Ich arbeite mich durch die erste Metapher, verzerre mich im Streben nach Reim und Rhythmus. Das Sonett hat es seinen Schöpfern noch nie leicht gemacht, dem Dichter nicht und dem Nachdichter schon lĂ€ngst nicht. Nach vielen AnlĂ€ufen, Streichungen, ErgĂ€nzungen, Deichwanderungen, Versuchen, SpaziergĂ€ngen, GesprĂ€chen, NordseesonnenuntergĂ€ngen, Schollen- und Seezungenfilets und nicht zuletzt mit einem Jever-Pils vom Fass stellt sich dann an einem Abend der Mut zum Schlussvers ein: Unter die Sohle, gegerbt in Irrtumsplagen. Nigredo Păşind atent sub cerul plumburiu Pe marea-nvolburată, de cucută, Lăsam Ăźn urmă doar o lume slută Pe care-o ştiu: Ăźnşelător pustiu⊠Cu cĂąntec iscusit, ca o sirenă, Din drum ai Ăźncercat să mă Ăźntorci â Ăncă o lacrimă ai reuşit să storci Din pleoapa-Èi udă, prea puÈin perenă. Dar nu mai pot, nici vreau să mă Ăźntorn â Spre Ăźn zadar bătutele hotare CĂąnd cornul cheamă, ca un unicorn, Şi nu mi-e dor de erosul ce moare â Ultimul parfum pe care, iată, -l torn Sub talpa-mi tăbăcită Ăźn eroare. (din volumul Daniel Stuparu: Alchimice â Sonete, Editura Muzeul Literaturii RomĂąne, Bucureşti, 2007; ISBN 978-973-8947-63-4) (Aus Sicht der Alchimisten ist Nigredo eine SchwĂ€rzung, die sich wie folgt erklĂ€ren lĂ€sst. Der Ausgangsstoff materia prima wird bei der Herstellung eines Steins der Weisen verflĂŒssigt und anschlieĂend im âBauch der Erdeâ vergraben. Dort fault diese Materie und schwĂ€rzt ein. Diesem Prozess dient der Rabe als Symbol. Der Stoff hellt sich allerdings in einer sogenannten Albedo-Phase wieder bis ins WeiĂ auf. In der Symbolsprache der Alchimisten wird aus dem Rabe eine weiĂe Taube. Das Ganze soll sich im Zeichen des Saturn abspielen.) Nigredo Achtsam schreitend unter bleischwerem Himmel Auf stĂŒrmischer See, vom Schierling aufgemischt, Blieb nur eine missratene Welt zurĂŒck: BetrĂŒgerisch öde und noch schlimmer. Mit findigem Lied, sirenengleich, Zur Umkehr wolltest mich bewegen â Mit immer wieder neuen TrĂ€nen Aus feuchten Lidern, viel zu leicht. Doch kann und will ich nicht zurĂŒck Auf sinnlos ausgetretne Pfade Wenn des Einhorns Ruf die Fabel ĂŒberbrĂŒckt Und ich Erosâ Tod auch nicht beklage â Letztes ParfĂŒm, schau wie ichâs mir schĂŒttâ Unter die Sohle, gegerbt in Irrtumsplagen. (Ăbersetzt aus dem Band Daniel Stuparu: Alchimice â Sonete, Verlag Muzeul Literaturii RomĂąne, Bucureşti, 2007; ISBN 978-973-8947-63-4) Foto: Anton Potche)
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