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Kandide oder Die beste aller Welten
prose [ ]
11-20 Kapitel

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by [François_Marie_Arouet,_dit_VOLTAIRE__ ]

2005-12-06  | [This text should be read in deutsch]    |  Submited by Valeria Pintea



Elftes Kapitel: Geschichte der Alten

Mein Auge war nicht immer so verzerrt, hatte nicht immer den Pupursaum, meine Nase stieß nicht immer ans Kinn, auch bin ich nicht immer Magd gewesen.

Mein Vater war Papst Urban der Zehnte, und die Fürstin von Palestrina meine Mutter. Bis ins vierzehnte Jahr wurd' ich in einem Palaste erzogen, wogegen die Schlösser Eurer westfälischen Barone gar klägliche Figur machen; das geringste von meinen Kleidern wog alle Herrlichkeiten von ganz Westfalen auf. Ich wuchs an Schönheit und Grazie und Talenten mitten in dem bunten Zirkel von Ergötzlichkeiten. Was für Erwartungen machte man sich nicht von mir; was für Ehrerbietung erwies man mir; was für Liebe flößt' ich nicht schon ein.

Mein Busen wölbte sich bereits. Es war ein Busen, der an Weiße und Festigkeit und Rundung dem Busen der Mediceischen Venus glich! Das Aug, wie zaubrisch! die Wimpern, wie meisterhaft! die Augenbrauen rabenschwarz! und die Glut, die in meinen Augäpfeln lag, überstrahlte das ganze Sternenheer, wie die Poeten aus dem Stadtviertel sangen. Meine Kammerfrauen, wenn sie mich auszogen und mich so von vorn und hinten beschauen konnten, waren wie ins Paradies verzückt; alle Mannspersonen wünschten sich an ihre Stelle Ich ward mit dem regierenden Fürsten von Massa Carrara versprochen. Ein gar süßer, herrlicher Junge! Ganz Geist und ganz glühende, schwärmende Liebe! und völlig so dichtrisch schön gebildet wie ich! Er war meine erste Liebschaft! sonach liebte ich ihn mit der innigsten Wärme, macht' ihn zum Abgott meiner Seele.

Man traf Anstalten zum Beilager. Was war da für Pomp! für unerhörte Pracht! Was für ein Zirkeltanz von Lustbarkeiten. Feste ketteten sich an Feste, Ringelrennen an Ringelrennen, Turnier' an Turniere, Operabuffas an Operabuffas, und ganz Italien sang mir zu Ehren Sonnette, davon das geringste dichtrischen Stempel trug, eines Ariost und Tasso würdig war.

Ich stand am Ziele meines Glücks, als eine alte Marchese, eine ehmalige Buhlschaft meines Prinzen, ihn zur Schokolade bitten ließ. Er starb in weniger denn zwei Stunden an den schrecklichsten Zuckungen. Kleinigkeit gegen meine übrigen Unglücksfälle!

Dieser Tod brachte meine Mutter ganz außer sich, obwohl er sie lange nicht so heftig angriff wie mich. Sie wollte sich eine Zeitlang von einem so unangenehmen Aufenthalt losreißen. Wir fuhren nach Gaetta, wo sie ein sehr schönes Landgut hatte; unser Schiff war eine päpstliche Galeere, so stark vergoldet als der St.-Peter-Altar zu Rom. Nicht lange, so stürzte ein Saleescher Korsar auf uns zu, enterte. Unsre Mannschaft wehrte sich wie wahre päpstliche Soldaten, warf ihre Waffen weg, fiel nieder auf die Knie, und, in letzten Zügen liegend, bat sie den Korsaren um Absolution. In einem Nu standen sie ganz affenkahl da; meiner Mutter, unsern Hofdamen und mir ging's nicht besser. Husch husch! und wir waren entkleidet. Ich habe nie flinkre Kammerdiener gesehn als diese Herren Seeräuber. Doch nahm mich dies nicht so wunder, als daß sie uns insgesamt einen Ort durchfingerten, dem wir Weiber uns gemeiniglich nur mit der Klistierspritze zu nahe kommen lassen.

Nie aus meinen vier Pfählen gekommen, kam mir der Brauch ganz sonderbar vor. Ich erfuhr bald, zu was Ende dies geschahe; sie wollten wissen, ob wir nicht daselbst einige Diamanten versteckt hätten. Das ist uralte Sitte bei allen gebildeten Völkerschaften, die auf der See umhertreiben. Machen's doch die Herren Malteserritter nicht besser, wenn sie Türken und Türkinnen gefangen bekommen, und sind Geistliche. Dies Gesetz des Völkerrechts wird stets beobachtet.

Wie peinlich, wie zu Boden drückend es für eine junge Prinzessin sein muß, mit ihrer Mutter als Sklavin nach Marokko geführt zu werden, brauch' ich Ihnen nicht erst zu sagen, Sie können sich's leicht vorstellen, so wohl als die Leiden, die wir auf dem Raubschiffe auszustehn hatten.

Meine Mutter war noch sehr schön, unsre Hofdamen, sogar die bloßen Kammerfrauen besaßen mehr Reize, als in ganz Afrika zu finden sind. Und ich hatte all die entzückende Schönheit, war mit all' der Lieblichkeit, dem namenlosen Zauber umflossen, womit Mutter Eva aus den Händen Gottes hervorging; noch hatt' ich keinen Mann erkannt, aber bald mußt ich's. Die Rose, die ich dem schönen Fürsten von Massa Carrara aufbewahrt, zerknickte der Hauptmann der Räuber; eine abscheuliche Fratzenfigur von Neger, die mir dadurch noch ungemeine Ehre zu erweisen glaubte.

Wahrlich! die Fürstin von Palestrina mußte sowohl wie ich Herkulesschultern haben, um all das Ungemach zu tragen, das bis zu unsrer Ankunft in Marokko über uns kam. Kein Wort weiter davon! Es ist etwas zu Alltägliches, als daß es der Mühe lohnte, davon zu reden.

Bei unsrer Ankunft schwamm Marokko in Blut. Fünfzig Söhne des Kaisers Mulei Ismael hatten jeglicher seine Partei; sonach wüteten daselbst fünfzig bürgerliche Kriege. Schwarze fochten gegen Schwarze, Schwarzbraune gegen Schwarzbraune, Mulatten gegen Mulatten; das ganze Land umher glich einer Metzge, wo Arbeit vollauf war.

Kaum waren wir auf dem Gestade, so rückte eine feindliche Partei an, die unserm Korsaren seine Beute abnehmen wollte. Wir waren nach den Diamanten und dem Golde das Allerkostbarste, was er hatte. Ich war Zeugin eines Kampfs, den Ihr in Euren europäischen Gegenden nie so gesehn habt; dazu haben die nordischen Völker nicht heißes, glühendes Blut genug; sie haben ja nicht einmal so viel Wut als jedes Weib in Afrika. Bei Euch Europäern scheint Milchsaft in den Adern zu rinnen, Vitriol, Feuer hüpft, spritzt durch jede Nerve bei den Bewohnern des Atlasgebirges und der benachbarten Gegenden. Wütend wie die Löwen und Tiger und Schlangen dieses Landes fielen sie sich an und strebten, uns einander abzukämpfen. Ein Mohr packte meine Mutter beim rechten Arm, der Leutnant unsers Schiffs riß sie beim linken zurück; stracks nahm ein Schwarzer ihren einen Fuß, einer unsrer Seeräuber zog sie beim andern nach sich. Und so wurden all' unsre Frauenzimmer beinahe in einem Nu von vier Soldaten angepackt.

Mein Hauptmann hatte mich hinter sich versteckt und säbelte alles nieder, was sich zwischen ihn und seinen Grimm stellte. In kurzem sah' ich unsre Italienerinnen und meine Mutter von denen Ungeheuern zerrissen, zerhauen, zerfetzt, die sich um ihren Besitz herumkämpften. Gefangne und Gefangennehmer, Soldaten und Matrosen, Schwarze und Weiße und Mulatten, alles, alles wurde niedergemacht, endlich mein Hauptmann auch, und ich blieb sterbend auf einem Haufen von Toten liegen.

Solcherlei Szenen wurden bekanntermaßen in einem Bezirk von mehr denn dreihundert Meilen gespielt, ohne daß man deshalb die fünf Gebete vergaß, die Mahomet täglich zu beten befohlen hat.

Es ward mir sehr sauer, mich unter der Menge aufeinandergeschichteter blutiger Leichname hervorzuarbeiten. Ich schleppte mich nach einem großen Pomeranzenbaum, der am Rande eines nahen Bachs stand. Entsetzen und Müdigkeit, Verzweiflung und Hunger hatten mich so erschöpft, daß ich sogleich umsank und bald darauf einschlummerte.

Es war mehr Ohnmacht als Schlaf, worin ich mich befand. In diesem Mittelzustand zwischen Leben und Tod, in dieser Art von Hinbrüten mocht' ich eine Weile gelegen haben, als ich eine Last auf mir liegen fühlte, und mein Körper Erschüttrungen bekam. Ich blickte auf und ward einen wohlgebildeten jungen weißen Mann gewahr. Er seufzte und murmelte zwischen den Zähnen: O che sciagura d'essere senza coglioni.
Zwölftes Kapitel: Wie übel es der Alten weiter erging

Erstaunt und entzückt, meine Muttersprache zu hören, und über die eben vernommene Rede nicht wenig verwundert erwiderte ich, daß es noch größers Unglück gäbe, als das sei, worüber er sich beklagte. Mit einem paar Worten erzählt' ich ihm alle das gräßliche Elend, dessen Opfer ich gewesen, und sank wieder in Ohnmacht. Er trug mich in ein benachbartes Haus, legte mich in ein Bette, brachte mich wieder zu mir, erquickte mich, ließ mirs nicht an Wartung und Trost abgehn, und an Schmeicheleien; sagte, er habe nie auf Gottes Erdboden ein schöners Geschöpf gesehn als mich, und seinen unersetzbaren Verlust nie so stark betrauert als jetzt.

Ich bin aus Neapel bürtig, sagte er, wo jahraus jahrein zwei- bis dreitausend Knaben kapaunt werden. Einige sterben, andre erhalten Stimmen, die an Schönheit die weiblichen übertreffen, noch andre gehn aus in alle Lande und werden ans Staatsruder gesetzt. Ich ward mit dem günstigsten Erfolge kastriert und sodann Kapellsänger bei Ihro Durchlaucht, der Fürstin von Palestrina.

Bei meiner Mutter, schrie ich! Bei Ihrer Frau Mutter! rief er, und Tränen schössen über seine Wangen. So wären Sie die junge Prinzessin Aurora, die ich bis ins sechste Jahr erzogen, bei der damals all' die Reize in der Knospe lagen, die ich bei Ihnen in so voller, schimmernder Blüte sehe! Sind Sie's denn wirklich! „Wirklich! und meine Mutter liegt vierhundert Schritt von hier unter einem Haufen von Toten gevierteilt!" Ich erzählt' ihm all' meine Begebnisse, und er mir die seinigen, er sagte mir, eine gewisse christliche Macht hab' ihn nach Marokko gesandt, um mit diesem Monarchen einen Traktat zu schließen, mittelst dessen man ihm Pulver, Kanonen und Schiffe zu liefern versprach, damit er um so leichter dem Handel der übrigen christlichen Mächte den Garaus machen könnte. Mein Auftrag ist beendigt, sagte der ehrsame Kastrat zu mir, ich schiffe mich zu Ceuta ein und bringe Sie nach Italien zurück. Ma che sciagura d'essere senza coglioni!

Ich vergoß Tränen des innigsten Danks für all' das, was er an mir getan hatte und noch tun wollte. Er brachte mich nicht nach Italien, sondern nach Algier, und verkaufte mich an den dortigen Dei. Kaum war ich verkauft, als die Pest, die nachher Afrika, Asien und Europa durchzogen hat, in Algier zu toben begann. Erdbeben haben Sie schon gesehn, doch die Pest wohl nie gehabt, Baroneß? Nie, antwortete Kunegunde. Sonst würden Sie mir einräumen müssen, daß Erdbeben, dagegen gerechnet, gar nichts sagen will. In Afrika ist sie gang und gäbe; sie verschonte mich auch nicht. Stellen Sie sich nun die Lage vor, worin sich die fünfzehnjährige Tochter eines Papsts befand! In einem Vierteljahre hatte sie Geliebten verloren und Freiheit, war fast täglich geschändet worden, hatte immer Hungertod und Kriegsgetümmel vor Augen gehabt und sollte jetzt an der Pest sterben.

Ich kam demungeachtet glücklich davon, allein mein Kastrat ging drauf, und der Dei und fast der ganze algierische Serail. Als diese fürchterliche Pest eine kleine Pause gemacht, wurden die Sklaven des Deis verkauft. Ein Kaufmann erhandelte mich und nahm mich nach Tunis, wo er mich einem seiner Kollegen überließ, dieser verkaufte mich nach Tripolis, von Tripolis wurd' ich nach Alexandrien verkauft, von Alexandrien nach Smyrna, von Smyrna nach Konstantinopel.

Nunmehr befand ich mich in den Händen eines Janitscharenführers, der bald darauf Befehl erhielt, dem von den Russen belagerten Assow zum Entsatz zu kommen. Dieser Janitschar war ein überaus galanter Mann; er nahm alle seine Kebsdamen mit, logierte uns in eine kleine Schanze, dicht am See Tana, die von zwei schwarzen Verschnittnen und zwanzig Soldaten bedeckt wurde. Die Russen stürzten anfänglich hin wie die Fliegen; bald aber kehrte sich das Blatt. Assow ging über, wurde mit Feuer und Schwert verwüstet; bei den Überwindern galt kein Ansehn des Alters noch Geschlechts.

Unsre kleine Schanze hielt sich noch; die Feinde beschlossen, sie auszuhungern. Die zwanzig Janitscharen hatten geschworen, sich nie zu ergeben. Der äußerste nagendste Hunger nötigte sie, unsre beiden Verschnittnen aufzufressen, damit sie ihren Schwur nicht zu brechen brauchten. Nach Verlauf etlicher Tage beschlossen sie, es mit uns ebenso zu machen.

Wir hatten aber einen gar frommen Iman bei uns, einen recht barmherzigen Samariter, der hielt eine gar herrliche Predigt, wodurch sie andern Sinnes wurden. Umbringen müßt ihr die Weiber nicht, sagte er, aber jeglicher von ihnen den halben Hinterbacken ablösen, das laß ich gelten; auf die Art werdet ihr Essen die Fülle haben; gebricht's euch wieder an Proviant, nun so wißt ihr ja, wo eure Vorratskammer liegt. Ihr könnt sodann mit Zuversicht hoffen, daß euch Allah wegen einer solchen Barmherzigkeit nicht ohne Beistand lassen wird.

Da dieser Priester ein guter Schwadronör war, so drang er durch, und man nahm die grausame Operation vor. Der Iman bestrich uns in eigner Person mit Beschneidungsbalsam. Wir waren allesamt todsterbenskrank.

Kaum hatten die Janitscharen die Mahlzeit hinter, die wir ihnen verschafften, so waren die Russen in flachen Fahrzeugen da und stürmten die Schanze. Kein Janitschar blieb am Leben. Uns schleppten die Sieger mit, ohne sich um unsern Zustand im mindesten zu kümmern.

Französische Wundärzte findet man allenthalben. Sonach hatten sie einen in der Kunst gar wohlerfahrnen Franzmann bei sich, der nahm uns in die Kur und heilte uns glücklich. Er suchte uns dadurch zu trösten, daß dergleichen Kriegsgebrauch wäre und sich schon bei vielen Belagrungen ereignet hätte. Wie meine Wunden völlig zugeheilt waren, verlangt' er von mir Minnesold. Ich werde den Antrag in meinem Leben nicht vergessen.

Als meine Gespielinnen gehn konnten, mußten sie nach Moskau wandern. Ich fiel einem Bojaren zuteil, der mich zu seiner Gärtnerin machte und mir täglich zwanzig Hiebe mit der Knute gab. Allein nach zwei Jahren wurde dieser Herr mit dreißig andern Bojaren gerädert, weil sie am Hofe ein gar hübsches Rührei gemacht hatten.

Diese Begebenheit benutzt' ich, wipste davon, durchstrich ganz Rußland, war lange Zeit zu Riga Aufwärterin in einem Wirtshause, bekleidete den Posten auch zu Rostock, Wismar Leipzig, Kassel, Utrecht, Leiden, Haag, Rotterdam, ward im Elend und in der Schande alt und grau; schleppte allenthalben meinen halben Hintern mit herum, und die Erinnerung, daß ich die Tochter eines Papsts sei. Hundertmal war ich Willens, mich zu töten, aber immer siegte die Liebe zum Leben.

Diese lächerliche Schwäche ist eine unsrer unseligsten Triebe. Kann man sich wohl etwas Törichters denken als ein Geschöpf, das eine Last immer mit sich herumschleppt, die es gern alle Augenblicke von sich werfen möchte? Das sein Dasein verabscheut und doch platterdings nicht daran will, ihm ein Ende zu machen? Kurz das eine Schlange hätschelt, die immer in ihm fortnagt, bis sie ihm das Herz abgefressen hat.

In all' den Ländern, wohin mich das Schicksal getrieben, und in allen Wirtshäusern, wo ich Aufwärterin gewesen, hab' ich Personen die Menge gefunden, die ihr Dasein verfluchten, aber nur ein Dutzend gesehn, die ihrem Elende ein freiwilliges Ende machten. Das waren drei Mohren, vier Engländer, vier Genfer und ein Leipziger Professor, Namens Robeck.

Mein letzter Dienst war bei dem Juden Don Isaschar. Ich lernte ihn vor zwei Jahren in Rotterdam kennen, wo er in dem Gasthofe logierte, worin ich diente. Ein niedlicher Bettwärmer, den er mit sich gebracht, hatte sich in alle seine Kostbarkeiten und in seine vollgepfropfte Börse so stark verliebt, wie er sich in dies Kreatürchen, und den Anschlag gemacht, durch meine Beihilfe damit über alle Berge zu gehn. Diese Zumutung verdroß mich; ich steckte dem Juden das Projekt seines Madchens; er verhinderte sie an dessen Ausführung, indem er sie sitzen ließ, und mich nahm er zur Belohnung meiner Redlichkeit mit nach Portugal, wo er mir Zeit Lebens Unterhalt zu geben versprach.

Bald darauf kamen Sie in sein Haus, und er gab mich Ihnen zur Bedienung. Sie wissen, wie ich stets an Ihnen gehängt, gnädge Baroneß, wie ich über Ihre Schicksale ganz die meinigen vergessen habe, die um so härter sind, da mein Elend nur erst mit meinem Leben ein Ende nehmen kann. Denn Sie müssen noch wissen, bei Verlust des Kopfs darf ich mich in den Landen meines verstorbnen Vaters nicht wieder sehn lassen. Sein Nachfolger auf dem päpstlichen Stuhl, ein geschworner Feind meiner Mutter und des Hauses Massa Carrara, hat nicht nur alle unsre Güter eingezogen, sondern auch bei Landesverweisung verboten, meiner in Gesellschaft zu erwähnen. Durch ihn, teils bestochen, teils durch niedrige Schmeichelei bewogen, haben verschiedne Geschichtsschreiber nicht nur meinen Vater aus der Liste der Päpste weggelassen, sondern auch sogar öffentlich im Druck meine und meiner Mutter Existenz glatt weggeleugnet.

Urteilen Sie nun selbst, wer von uns beiden das Mehrste erlitten hat, und gleichwohl hätt' ich Ihnen nie meine Unglücksfälle erzählt, wenn Sie mich nicht durch Ihre bittern Klagen dazu aufgefordert hätten, und wenn's nicht im Schiff, so gut wie auf der Landkutsche Mode wäre, der lieben Langeweile halber Historien zu erzählen.

Machen Sie sich 'mal das Vergnügen, gnädige Baroneß, und nötigen Sie jeden aus unsrer Reisegesellschaft, seinen Lebenslauf zu erzählen; ich behaupte — und ich habe mir Erfahrung genug gesammelt, um das mit Grund behaupten zu können —, daß kein einziger darunter ist, der nicht sein Dasein verflucht, sich oft selbst gesagt hat, daß er der unglücklichste unter allen Menschen sei. Finden Sie einen, der das nicht getan hat, nun so stürzen Sie mich kopfüber ins Meer.
Dreizehntes Kapitel: Wie sich Kandide genötigt sahe, die schöne Kunegunde und die Alte zu verlassen

Nunmehr begegnete die schöne Kunegunde der Alten mit all' der Achtung, die einer Dame von ihrem Rang und Verdiensten gebührte. Sie nahm ihren Vorschlag an und beredete ihre Reisegefährten, nach der Reihe ihre Begebenheiten zu erzählen. Kandide und sie mußten gestehn, daß die Alte recht hatte. Schade, sehr schade! sagte Kandide, daß der weise Panglos wider alle Sitt' und Brauch in einem Audodafé ist aufgehängt worden, was für vortreffliche Dinge würd' er über das physische und moralische Übel sagen, das unsern Erdwasserball bedeckt, und ich würde mich stark genug fühlen, ihm einige bescheidne Einwürfe zu machen.

Über die Erzählungen langte man, eh' man sich's versahe, in Buenos-Aires an. Kunegunde, Hauptmann Kandide und die Alte begaben sich zum dasigen Statthalter, dem Don Fernando d'Ibara y Figueora y Mascarenes y Lampourdos y Souza. Er war so hochfahrend, als es ein so vielbetitelter Mann sein mußte; sprach in so hochadelig-verächtlichem Tone mit Mannspersonen, trug seine Nase so hoch hinaus in die Lüfte, erhub seine Stimme so posaunenmäßig, hatte einen so befehlshaberischen Ton und solchen Pfauengang, daß jedem, der ihm seine Aufwartung machte, der Gelust ankam, ihn derb durchzuprügeln; die Frauenzimmer liebt' er aufs heftigste; Kunegunde deuchte ihm das schönste, reizendste Geschöpf, das er je gesehn. Seine erste Frage war, ob sie des Hauptmanns Frau sei.

Das fragte er mit einem Ton, mit einer Miene, daß Kandide ganz zu Boden geschlagen wurde. Für seine Frau mocht' er sie nicht ausgeben, weil sie's noch nicht war, für seine Schwester auch nicht, denn das war sie noch weniger; er war zu sehr Teutscher, um sich dieser Notlüge zu bedienen, die so manchen Patriarchen aus der Not gerissen hatte und auch noch heutiges Tages gute Dienste leisten konnte. Deshalb sagte er grad heraus: die Baroneß Kunegunde wird mich mit ihrer Hand beehren, und wir ersuchen Ihro Exzellenz untertänigst, die hohe Gnade für uns zu haben und unsre Hochzeit auszurichten.

Don Fernando d'Ibara y Figueora y Mascarenes y Lampourdos y Souza strich hohnlächelnd seinen Zwickelbart und befahl dem Hauptmann Kandide, seine Kompanie zu mustern. Kandide gehorchte und ließ den Statthalter bei Baroneß Kunegunden allein. Dieser entdeckte ihr nunmehr seine Brunst und beteuerte ihr, er wolle ihr morgen im Angesicht der Kirche seine Hand reichen; wolle sie ihn aber mit ihrer außerehlichen Liebe beglücken, so woll' er sich auch da nach ihr richten. Kunegunde bat sich eine Viertelstunde von ihm aus, um sich sammeln, die Alte um Rat fragen und sich entschließen zu können. Die Alte sagte zu ihr: Sie haben zweiundsiebenzig Ahnen und keinen roten Heller, können jetzt die Gemahlin des angesehnsten und stattlichsten Zwickelbarts in ganz Südamerika werden. Was wollen Sie sich da bedenken. Not hat kein Gebot, und wozu Sie den Pastor Fido im Reifrock spielen wollen, seh' ich nicht ab. Sie sind von den Bulgaren geschändet worden, haben sich vom Juden und Inquisitor brauchen lassen. Wär' ich in Ihrer Stelle, ich griffe zu, nähme den Herrn Statthalter zum Manne ohn' alles Fackeln und machte dem Herrn Hauptmann Kandide sein Glück.

Indes daß das Mütterchen mit all der Klugheit sprach, die Alter und Erfahrung geben, sah' man ein Schifflein in den Hafen einlaufen, worauf sich ein Alkalde und Alguazils, Gerichtsdiener, befanden. Was die Herren wollten, soll der Leser gleich erfahren.

Die Alte hatte ganz recht gehabt, daß der weitärmlige Franziskaner zu Badajos Kunegunden auf ihrer eilenden Flucht ihr Geld und ihre Diamanten gestohlen. Er hatte einige Steine einem Juwelier verkaufen wollen, der sie erkannte und ihn festnehmen ließ. Unterm Galgen hatte der Mönch bekannt, daß er sie gestohlen, die Personen beschrieben, denen er sie entwandt, und den Weg, den sie genommen hatten. Kunegundens und Kandidens Flucht war bereits bekannt: man setzte ihnen bis Cadix nach, ohne sie einholen zu können; von da aus wurd' ihnen ungesäumt ein Schiff nachgesandt, und dies Schiff lag jetzt im Hafen.

Überall hörte man, eben sei ein Alkalde ausgestiegen, und man suche die Mörder des Großinquisitors. Die kluge Alte sahe den Augenblick ein, was zu tun war. Fliehen können Sie nicht, sagte sie zur Kunegunde, und brauchens auch nicht. Ihnen können sie nicht an den Hals kommen, denn Sie sind nicht der Mörder des Inquisitors; Sie haben überdies beim Statthalter solchen Stein im Brett, daß er Ihnen kein Härchen wird krümmen lassen. Bleiben Sie nur in Gottes Namen da. Drauf rannte sie in voller Hast zum Kandide. Machen Sie sich über alle Berge, Herr Hauptmann, raunte sie ihm zu, sonst sind Sie in einer Stunde verbrannt. Aufhalten durft' er sich nicht einen Augenblick, trennen konnte er sich nicht von seiner Kunegunde, und einen Ort, wo er sich hinflüchten sollte, wußt' er nicht.
Vierzehntes Kapitel: Wie Kandide und Kakambo in Paraguay von den Jesuiten aufgenommen werden

Kandide hatte von Cadix einen Bedienten mitgebracht, wie man deren viel auf den spanischen Küsten und in den Kolonien antrifft; einen Viertelspanier, von einem Mestizen in Tukuman erzeugt. Er war Chorknabe gewesen, dann Küster, Matrose, Mönch, Buchhalter, Soldat und war endlich Lakai geworden; er hieß Kakambo und hing sehr an seinem Herrn, weil er eine gar gute, liebe Seele war. Ober Hals und Kopf sattelte er die beiden andalusischen Pferde. Wollen dem Rat der alten Mutter folgen, lieber Herr, sagte er, und zujagen, was nur's Zeug hält, ohn' uns umzusehn.

O traute Kunegunde! rief Kandide, und Tränen flossen über seine Wangen, so muß ich dich denn verlassen! muß dich in dem Zeitpunkt verlassen, da der Herr Statthalter uns zusammenfügen wollte! Mußt' ich dich darum herführen, meine Kunegunde! Oh, was wird aus dir werden!

Kakambo. Alles Guts! sie wird den Mantel nach dem Winde drehn. Ich möchte das Weib sehn, das sich nicht aus der jämmerlichsten Patsche zu helfen wüßte. Und zudem sind ja die Weiber unsers Herrgotts liebste Kinder! — Die Sporen in die Rippen, Herr!

Kandide. Wo willst du denn hin? Wo geht's denn zu? Und was wollen wir ohne Kunegunden machen?

Kakambo. Sie haben doch gegen die Jesuiten wollen zu Felde ziehn, wissen Sie was, ziehn Sie für sie zu Felde. Beim heiligen Jakob vom Compostell, ich weiß Weg und Steg und will Sie Zu ihnen bringen. Das wird ihnen 'ne rechte Herzensfreude sein, einen Hauptmann zu kriegen, der das bulgarsche Manövrieren versteht. Sie werden da 'ne gar herrliche Nummer finden.

Geht's einem in einem Weltteil schief, so zieht man in einen andern, und kömmt da auf 'nen grünen Zweig; kriegt wieder ganz was anders zu sehn, ganz was anders zu hören und auch 'n ganz ander Stückchen Arbeit, wenn man will. Oh! es ist 'n gar scharmantes herrliches Ding ums Reisen!

Kandide. So bist du in Paraguay bekannt?

Kakambo. Wie'n Pudel bei meiner armen Seele! Bin ja Aufwärter gewesen in dem Jesuiterkollegium zu Assumption, weiß im Gouvernement der Los Padres so gut Bescheid wie auf den Gassen zu Cadix. Das ist Ihnen noch ein Königreich, das sich gewaschen hat. Schon jetzt hat's mehr als dreihundert Meilen im Umkreise und ist in dreißig Provinzen eingeteilt. Los Padres schieben alles in ihren Sack, und das Volk hat nicht mal 'ne lahme Laus, die sein wäre. Wie schlau dort die Gerechtigkeit ist! Wie klug sie alles eingefädelt haben! Oh, darüber geht nichts!

Nein! solche herrliche kapitale Kerls gibt's gar nicht mehr wie Los Padres! Hier ziehn sie gegen den König von Spanien und von Portugal zu Felde, dort bebeichten und beabendmahlen sie sie, hier knicken sie den Spaniern auf'n Kopf, dort beten sie sie mit Leib und Seel in'n Himmel, 's ist ganz allerliebst!

Nur immer die Sporen in die Rippen! — Nun werden Sie erst recht ins Wohlleben reinkommen und auf nen grünen Zweig! Sie werden sich recht in der Seele freuen, die Padres, wenn sie hören, daß ein Hauptmann zu ihnen stößt, der das bulgarische Manövrieren versteht.

Am ersten Schlagbaum angelangt, sagte Kakambo zur Schildwacht: Es war' ein Hauptmann da, der dem Herrn Kommandanten seine Aufwartung machen wollte. Sofort wird's der Hauptwache gemeldet, und ein paraguayscher Offizier bringt dem Kommandanten davon Rapport. Kandide und Kakambo werden entwaffnet und die beiden andalusischen Gäule in Beschlag genommen.

Man führte sie durch zwei Reihen Soldaten; am Ende stand der Kommandant, ein dreieckichtes Barett auf, den Rock zurückgeschlagen, den Degen an der Seite, die Offizierspike in der Hand. Er winkte, und sogleich umringten vierundzwanzig Soldaten die beiden Fremden. Ein Sergeant sagte zu ihnen: Sie müßten sich gedulden: der Herr Kommandant könnte sie nicht sprechen, denn Ihro Hochehrwürden der Pater Provinzial erlaubte keinem Spanier anders als in seiner Gegenwart das Maul auf zutun und duldete ihn nicht länger im Lande als höchstens drei Stunden.

Und wo sind Ihro Hochehrwürden? frug Kakambo. „Auf der Parade, Sie haben eben Ihro Messe gelesen. Vor drei Stunden können Sie seine Sporen nicht küssen." „Er ist aber kein Spanier, der Herr Hauptmann, und wir möchten beide vor Hunger umfallen. Könnten wir nicht derweil ein bißchen frühstücken, bis Ihro Hochehrwürden kommen?"

Sogleich rapportierte der Sergeant dem Kommandanten. Ein Teutscher! rief er, ein Teutscher! O Gott Lob, da kann ich ihn prechen. Man führ' ihn in die Gartenlaube. Und man brachte sie sofort in ein kleines grünes Lusthaus.

Es war mit einer gar stattlichen Reihe von grünen Marmorsäulen geschmückt, deren Knauf und Schaft vergoldet war; dahinter lief ringsum ein artiges Gitterwerk, worin sich Papageien befanden, Kolibris, Fliegenfänger, Perlhühner und die allerseltensten Vögel. Das herrlichste Frühstück ward in goldnen Geschirren aufgetragen, unter der Zeit lagen die Paraguayer mitten im Felde bei der stechendsten Sonne und aßen Mais aus hölzernen Schüsseln.

Nicht lange, so trat der wohlehrwürdige Pater Kommandant herein. Ein bildschöner junger Mann; sein Aug war feurig, Lipp' und Wange rot, die Augenbraunen wohlgewölbt, das Gesicht rund und ziemlich weiß. Er hatte in seinem Betragen etwas Edelstolzes, das aber weder den Spanier noch den Jesuiten ankündigte.

Kandiden und Kakambo'n wurden ihre abgenommnen Waffen und ihre beiden Andalusier wieder zugestellt. Kakambo gab ihnen an der Türe des Gartenhauses Haber zu fressen, und damit ihnen kein Tuckmäuserstückchen gespielt würde, verließ er sie mit keinem Auge.

Kandide küßte dem Kommandanten den Saum seines Rocks, und darauf setzten sie sich zu Tische. So, sind Sie ein Teutscher? fragte ihn der Kommandant in dieser Sprache. Worauf ich nicht wenig stolz bin, Ihro Wohlehrwürden, antwortete Kandide. Bei diesen Worten fuhren sie beide zusammen, sahen einander starr an, mit einer Bewegung, die sie nicht bergen konnten. Der Kommandant. Und aus welcher Provinz?

Kandide. Aus dem Rauchloche, dem Herzogtum Westfalen, und bin auf dem Rittersitz Donnerstrunkshausen geboren.

Kommandant. Heiliger Gott! wär's möglich!

Kandide. Welch Wunderwerk!

Kommandant. Sollten Sie's wirklich sein?

Kandide. Es ist gar nicht möglich.

Sie fielen sich um den Hals, hingen fest aneinander, konnten nicht zu Worte kommen, strömten sich in Freudentränen aus. Kandide erhielt die Sprache zuerst wieder: So hab' ich den Bruder der reizenden Kunegunde in meinen Armen. Ja er ist's, der Sohn des Herrn Barons. Es ist Junker Polde, der von den Bulgaren getötet wurde! Und ist jetzt Jesuit in Paraguay! Wahrlich, es geht wunderbar her in der Welt! O Panglos! Panglos! wie würdest du dich freuen, wenn du nicht am Galgen hingest.

Der Kommandant gab seinen Negersklaven und Paraguayern, die ihnen in bergkristallnen Bechern Wein eingeschenkt hatten, einen Wink hinauszugehn. Und nun pries er Gott und den heiligen Ignatus tausendmal und drückte Kandiden an seine Brust. Sie schwammen in Tränen.

Kandide. Schon so im Rausch der Freude Baron! Oh! viel zu früh! Das vollste Maß von Seligkeit erwartet erst Ihrer! Ihre totgeglaubte Schwester lebt, ist frisch und munter.

Kommandant. Kunegunde lebte noch? Wäre wohlauf? Wo ist sie denn? wo?

Kandide. Ganz in der Nähe, beim Herrn Statthalter von Buenos-Aires.

Nun hub Kandide an, alles zu erzählen, was sich seit seiner Schloßverweisung bis zu seiner Reise nach Amerika zugetragen hatte. Der gejesuitete Baron lauschte mit begierigem Ohr und den vollsten Seelenblicken. Als Kandide seine lange Erzählung geendet hatte, fingen sie als ehrliche Teutsche an, tapfer zu zechen. Und da der Pater Provinzial noch nicht kam, begann der Kommandant seine Erzählung wie folgt. Kandide war ganz Ohr und ganz Herz.
Fünfzehntes Kapitel: Weshalb Kandide den Bruder seines Mädchens tötet

Der gräßliche Tag, an dem ich Vater und Mutter töten und meine Schwester schänden sah, wird mir nie aus den Gedanken kommen. Nach dem Abmarsch der Bulgaren suchte man meine anbetungswürdige Schwester allenthalben und fand sie nirgends. Meinen Vater, meine Mutter, mich, die Leichname von zwei Mägden und drei kleinen Buben warf man auf einen Karren, um uns nach einer Jesuiterkapelle zu führen, die zwei Meilen von meines Vaters Schloß lag.

Ein Jesuit besprengte uns mit Weihwasser; es war salzicht wie all der Teufel; einige Tropfen davon spritzten mir in's Auge: der Pater merkte, daß meine Augenlider etlichemal zuckten. Er legte die Hand auf mein Herz und fühlte es schlagen. Die geschicktesten Wundärzte verwandten ihre Kunst an mir, und binnen drei Wochen war ich wieder völlig auf den Beinen. Ein recht hübscher Junge war ich immer, wie Ihr wißt, Kandide, jetzt hatte ich ganz die lachende, blühende Gestalt von Gott Amor. Auch ward der ehrwürdige Pater Krust, der dortige Superior, mein sehr warmer Freund; kleidete mich ein, und sandte mich nicht lange darauf nach Rom. Der Pater General warb damals junge teutsche Jesuiten an. Höchst ungern nehmen die paraguayschen Monarchen Spanier, Ausländer weit lieber, sie denken, sie eher lenken und bändgen zu können.

Der ehrwürdige Pater General fand mich tüchtig, ein Arbeiter in diesem Weinberge des Herrn zu werden. Ich reiste mit einem Tiroler und Polen hieher. Gleich nach meiner Ankunft ward ich Unterdiakonus und Leutnant, jetzt bin ich Obrister und Priester.

Und nun, Kandide, laß sie nur kommen, die königlichen Truppen, laß sie nur kommen. Wir wollen sie fegen! Ich bin dir Manns dafür. Sie sollen derbe Schlappen bekommen und den Kirchenbann obenein. Die Vorsehung hat dich noch zur rechten Zeit zu unserm Beistand hergesandt. Aber sag mir, guter Junge, lebt meine liebe Schwester wirklich noch? und ist sie hier in der Nähe beim Herrn Statthalter von Buenos-Aires? „Bei Gott! es ist keine Lüge!"

Und sie strömten von neuem in Tränen aus. Der Baron hing an seinem Halse, konnte gar nicht los von ihm, nannte ihn seinen Bruder, seinen Retter. O! Kandide, rief er, trauter Kandide! Zögen wir doch erst als Sieger in die Stadt ein und führten Schwester Kunegunden zurück. Mein einziger Wunsch! sagte Kandide, denn ich war Willens, sie zu heiraten, und bin's auch noch. Der Baron riß sich los von ihm, schleuderte ihn zurück. „Übermütiger Bengel! heiraten wollt Ihr meine Schwester! Ihr sie heiraten! Ein Fräulein von zweiundsiebenzig Ahnen! Verdammt über die Unverschämtheit! Und ist so keck, die Bürgerkanalje, und sagt mir die infame Sottise ins Gesicht!"

Kandide stand da wie Laokoon's Bildsäule und sagte, wie er wieder Worte fand: Mein Wohlehrwürdger Pater, alle Ahnen auf Gottes Erdboden können hier nicht in Anschlag kommen! Ich riß Ihre Schwester aus den Armen eines Inquisitors; sie hat mir nicht wenig Verbindlichkeiten, und deshalb gibt sie mir ihre Hand ganz aus freien Stücken. Magister Panglos hat mir immer gesagt, daß alle Menschen einander gleich sind. Daher können Sie versichert sein, ich heirate sie.

Wollen sehn, Schurke! Wollen sehn! rief der gejesuitete Baron von Donnerstrunkshausen und gab ihm mit der flachen Klinge einen derben Hieb übers Gesicht. Kandide gleich heraus mit seinem Degen und ihm selbigen bis ans Heft in den Leib gejagt.

Doch wie er ihn rauchend herauszog, hub er bitterlich an zu weinen. O mein Gott! da hab' ich ihn umgebracht, meinen alten Herrn, meinen Freund, meinen Schwager. Bin solch erzgutes Geschöpf und habe nun schon drei Menschen ermordet! Und unter den dreien zwei Priester.

Kakambo, der an der Lusthaustüre Schildwacht gestanden, kam hereingesprungen. Jetzt müssen wir uns unsrer Haut wehren, fechten, solang' wir noch einen Finger rühren können! rief ihm sein Herr zu. Unangegriffen bleiben wir gewiß nicht. Kakambo, der den Karrn schon weit ärger hatte im Kote stecken sehn, ließ die Flügel noch gar nicht sinken und schob wieder in einem Hui den Karrn aufs Trockne, und das auf folgende Art: Er warf das Jesuiterkleid des getöteten Baron's seinem Herrn um, setzte ihm das Barett auf, half ihm auf's Pferd und sagte: Nun zugejagt, Herr, was das Zeug hält! Man wird Sie für einen jesuitschen Adjutanten ansehn, und wir werden über die Grenze sein, eh' man uns nachjagen kann. Und damit vorangejagt und auf spanisch gerufen: Platz da! Platz! Ihro Wohlehrwürden kommen, der Herr Obrister!
Sechzehntes Kapitel: Zwei Mädchen und zwei Paviane stoßen unsern Reisenden auf. Wie's ihnen bei den Wilden, die Langohren genamst, ergeht

Kandide war mit seinem Bedienten schon über die Grenze, und noch krähte im Lager nicht Hund noch Hahn über des teutschen Jesuiten Tod. Der flinke Kakambo hatte seinen Mantelsack mit Pumpernickel, Schokolad, Schinken, Knackwurst, Obst und einigen Maßen Wein gar wohl bespickt. Sie waren schon ziemlich tief in einem wildfremden, ganz ungebahnten Lande, als sie eine schöne Wiese vor sich liegen sahen, von vielen Bächen durchschnitten. Hier ließen sie ihre Gäule weiden, und Kakambo tat seinem Herrn den Vorschlag, zu essen, und ging ihm mit gutem Beispiel vor.

Ich, Schinken essen, Kakambo, und habe den Sohn des Herrn Barons erschlagen; darf meine Kunegunde in meinem Leben nicht wiedersehn! Wozu hülf es, ein elendes Leben zu fristen, das ich fern von meiner Geliebten in Reu' und Verzweiflung zubringen muß. Und überdem, wie wird das Journal zu Trévoux mir mitspielen, wenn selbiges es erfährt.

So sprach Kandide und aß dabei ein Stückchen Schinken nach dem andern, trank ein Gläschen aufs andre. Die Sonne ging unter. Unsre Verirrten hörten ein schwaches Gekreisch; es deuchte ihnen Weibergekreisch. Sie wußten nicht, obs Geschrei der Freude oder der Angst war, sprangen auf mit all der Unruh' und Besorgtheit, die man in einem ganz fremden Lande zu haben pflegt, wenn man nur ein Espenblatt rauschen oder einen starken Laut schallen hört. Wie ein Blitz kamen ein paar Mädchen in puris naturalibus über die Wiese weggeschossen und hinter ihnen drein zwei Affen, die sie in die Lenden bissen. Diese Dirnen erhuben jenes Gekreisch.

Kandiden jammerte der Anblick, er hatte bei den Bulgaren schießen gelernt und hätte wohl eine Nuß aus einem Haselbusch herunterbüchsen können, ohne die Blätter zu streifen. Er schlug seine doppelte spanische Flinte an und erschoß die beiden Affen. Gott Lob, mein lieber Kakambo, sagte er, die armen Mädchen hab' ich aus recht großer Gefahr gerettet. Beging ich Sünde, daß ich einen Inquisitor tötete und einen Jesuiten, so hab' ich jetzt an diesen Mädchen ein recht verdienstliches Werk getan. Ich bin der Retter ihres Lebens. Vielleicht sind sie von vornehmem Stande, und so kann uns dies Abenteuer hier im Lande viel Vorteil verschaffen.

Er verstummte aber plötzlich, als er sah, daß diese beiden Dirnen zärtlich die Affen umarmten, in Tränen über ihre Leichname schmolzen und mit dem wehmütigsten Geschrei die Lüfte erfüllten. Soviel Güte des Herzens hätt' ich den Mädchen nicht zugetraut, sagte endlich Kandide.

Kakambo. Sie haben wieder einen schönen Streich gemacht. Die Herren Paviane, die sie eben niedergebüchst, sind ja die feinen Liebchen von den beiden Dirnen! Kandide. Das, ihre Liebhaber! Schäker! wie war das möglich? Wie ist das glaublich?

Kakambo. Als wär' das wieder so was zu verwundern! Was ist das nun mehr, daß es ein Land in der Welt gibt, wo Pavians bei den Weibern Hahn im Korbe sind. Es sind Viertelmenschen so wie ich ein Viertelspanier.

Kandide. Ha! ich besinne mich, von Magister Panglos gehört zu haben, daß ehemals sich dergleichen zugetragen und daß aus dieser Vermischung die Ägipane, Faun' und Satyrn entstanden wären; daß viele große Männer des Altertums sie gesehn hätten. Ich nahm aber das alles für Märchen.

Kakambo. Und ist doch die helle, klare Wahrheit, die Sie nun mit Händen greifen können! Sehn Sie, so machens die Mädel, die niemals unter der Schere der Mutter oder 'ner wohlehrbaren, steifen Französin gestanden haben. Da haben Sie die liebe Natur! - - Bei alle dem ist mir gar schwül zu Mute, Ich fürchte, ich fürchte, die Damen werden uns einen gar saubern Brei einbrocken.

Kandide fand, daß sein Kakambo eben nicht unrecht hatte, und machte sich samt ihm tiefer ins Land hinein. Sie lagerten sich mitten in einem Gebüsch und aßen ihr Abendbrot; vermaledeiten den Großinquisitor, den Gouverneur von Buenos-Aires und den Baron und schliefen auf dem Moose ganz ruhig ein. Beim Erwachen merkten sie, daß sie sich nicht rühren konnten. Und das kam daher: die dortigen Einwohner, die Langohren, an welche die beiden Damen sie verraten, hatten sie in der Nacht mit Stricken von Bast zusammengebunden.

Ringsum standen so ein fünfzig Langohren, ganz nackt, Pfeile, Keulen und Äxte von Kieselstein in den Händen. Einige setzten einen großen Kessel übers Feuer, das sie anbliesen; andre schnitzten Bratspieße, und alle insgesamt schrien; ein Jesuit! Ein Jesuit! Da wollen wir unser Mütchen kühlen! 's soll 'n gar herrlicher Fraß sein! Wollen ihn auffressen, den Jesuiten! Wollen ihn auffressen!

Hab' ichs Ihnen nicht gesagt, lieber Herr, rief Kakambo kopfhängend, die Mädel würden uns 'ne gar saubre Pastete anrichten? Zuverlässig werden wir gesotten oder gebraten! rief Kandide, wie er den Kessel und die Bratspieße sah. Ha! was würde Magister Panglos sagen, wenn er so die Natur in all ihrer Rohheit sähe! Es ist alles gut gemacht; es sei drum, aber doch muß ich. gestehn, es ist hart, äußerst hart, daß ich Baroneß Kunegunden verloren habe und hier von den Langohren an den Spieß gesteckt werde.

Kakambo, der sich immer aus dem verworrensten Hanfe zu haspeln wußte, sagte zum trostlosen Kandide: Immer getrost, Herr. Ich versteh' den Kerls ihr Rotwälsch ein wenig. Ich will hin und mit ihnen sprechen. Vergiß ja nicht, sagte Kandide, ihnen aufs lebhafteste vorzustellen, daß es gräßlich Unmenschlichkeit ist, Menschen zu braten, und wie wenig christlich das gedacht ist.

Nicht wahr, Kinderchen, sagte Kakambo, ihr denkt, ihr wollt heut einen Jesuiten schmausen! Das ist recht löblich! Recht brav, wenn man so mit seinen Feinden verfährt. Schlag deinen Nächsten tot! Das ist nach der Natur Rechtens, und das gilt allenthalben auf Gottes weitem Erdboden. Daß wir ihn nun nicht auffressen, wie's auch nach der Natur Rechtens ist; nun das kömmt daher, wir haben schon sonst leckre Gerüchte; ihr guten Leute aber nicht, und da ist's denn immer freilich besser, seine Feinde in seinem Magen zu begraben, als die Frucht seines Sieges den Raben und Krähen preiszugeben.

Aber Kinderchen, eure guten Freunde werdet ihr doch nicht verzehren wollen? Ihr denkt einen Jesuiten an den Spieß zu stecken, und 's is eur Schutzpatron, ein erzabgesagter Feind von euren Feinden, die ihr rösten wollt. Was mich anlangt, ich bin in eurem Lande geboren, und der junge Mann da, ist mein Herr und nichts weniger als 'n Jesuit; hat vielmehr einen Jesuiten umgebracht und seine Jacke angezogen, und eben darum habt ihr euch geirrt.

Damit ihr nun seht, daß ich kein Windbeutel bin, so nehmt den Rock, zeigt ihn an dem ersten Grenzorte den Padres und fragt, ob mein Herr nicht einen jesuitschen Offizier kaltgemacht hat. 's is ja nur 'n Katzensprung bis dahin, und findet ihr, daß ich euch belogen habe, so könnt ihr uns ja noch immer fressen. Hab' ich euch aber reinen Wein eingeschenkt, nun, so wißt ihr zu gut, was Rechtens ist, als daß ihr uns nicht begnadgen solltet.

Hat ganz recht! schrien die Langohren, und sie trugen zwei von den Ältesten des Landes auf, nach dem Jesuiterlande zu kutschieren und sich nach der Wahrheit zu erkundigen. Als Leute von Kopf richteten selbige ihren Auftrag glücklich aus und brachten gar fröhliche Mär mit.

Die Langohren banden ihre Gefangnen los, erwiesen ihnen ungemein viel Höflichkeiten, setzten ihnen Mädchen vor, Erfrischungen und begleiteten sie bis an die äußersten Grenzen unter dem lauten Jubelgeschrei: 's ist kein Jesuit nicht! 's ist kein Jesuit nicht!

Sonderbar die Ursach meiner Befreiung, sagte Kandide. Und sonderbar dies Volk und ihre Sitten! Wie gut es war, daß ich dem Bruder der Baroneß Kunegunde den Degen bis ans Heft in den Leib gejagt hatte, sonst hätt' ich ohne alle Barmherzigkeit an den Spieß gemußt. Bei alle dem, die pure, rohe Natur ist auch so übel nicht. Denn wie äußerst höflich waren nicht die Leutchen gegen mich, als sie erfuhren, ich wäre kein Jesuit; da war gar nicht mehr die Rede vom Auffressen.
Siebzehntes Kapitel: Kandide kommt mit seinem Bedienten nach Eldorado. Was sie da gesehn

Wie sie über den Grenzen der Langohren waren, sagte Kakambo zu Kandiden: Sie sehn wohl, diese Hälfte der Erdkugel ist sowenig 'nen Pfifferling wert wie jene. Das Gescheitste wäre, wir gingen wieder nach Europa, und das je ehr, je besser. Kandide. Wieder nach Europa? Und wo dann hin? Nach Westfalen, da schlagen Bulgaren und Abaren tot, was lebendigen Odem hat, nach Portugal, da werd' ich verbrannt; und bleiben wir hier, so sind wir keinen Augenblick sicher, gespießt und aufgezehrt zu werden. Und doch kann ich mich nicht entschließen, den Teil der Welt zu verlassen, der meine Kunegund' in sich schließt.

Kakambo. I, wissen Sie was! so wollen wir nach Karolina gehn. Dort finden wir Engländer, die ziehn durch die ganze Welt. Helfen tun uns die gewiß; es sind gar gute Geschöpfe, und Gott wird uns auch beistehn.

Nach Karolina zu kommen, war so leicht eben nicht; nach welcher Seite sie ihre Richtung nehmen mußten, wußten sie wohl so ungefähr; allein von allen Seiten her türmten sich ihnen schreckliche Hindernisse entgegen; Gebirge, Flüsse, Abgründe, Straßenräuber und Wilde. Ihre Gäule wollten vor Strapazen umfallen, ihr Proviant war rein alle; schon einen ganzen Monat lang nährten sie sich mit Kokosfrüchten. Endlich gelangten sie an das Ufer eines kleinen Flusses, das mit Kokosbäumen besetzt war. Da fanden sie wieder Nahrung ihres Lebens und ihrer Hoffnung.

Kakambo, ein so stattlicher Ratgeber wie die Alte, sagte zum Kandide: Weiter können wir nicht; haben auch schon 'nen ganz artgen Marsch gemacht. Dort am Ufer steht ein leeres Kanot, wollens mit Kokosnüssen anfüllen und uns 'reinwerfen. Der Strom mag uns hinführen, wo er hin will. Er bringt uns gewiß nicht hin, wo die Welt mit Brettern vernagelt ist. Mag's uns nun gut gehn oder nicht; kriegen wir doch wieder was Neues zu Gesichte. Es sei drum, sagte Kandide. Die Vorsicht steh' uns bei.

Sie trieben so etliche Meilen fort; bald war das Gestade blühend und lachend, bald öd' und dürr, bald niedrig, bald steil. Der Fluß ward immer breiter und verlor sich in eine Kluft von schrecklichen, himmelanstrebenden Felsen. Die beiden Reisenden waren so dreist, sich auch hier noch den Fluten zu überlassen. Der sich hierselbst verengende Fluß riß sie mit fürchterlichem Getöse schnell hindurch. Nach vierundzwanzig Stunden sahen sie das Tageslicht wieder, scheiterten aber gegen die Klippen.

Eine ganze Meile weit mußten sie sich von Klippe zu Klippe fortarbeiten, endlich lag eine unermeßliche Ebene vor ihnen, um die sich eine Kette unersteiglicher Gebirge schlang. Wohl gepaart herrschten Nutzen und Vergnügen auf diesen Feldern, und der Nutzen hatte immer die Miene des Angenehmen. Auf allen Wegen und Stegen prangten Wagen einher, deren Bauart so ausnehmend nett war als glänzend die Materialien; bildschöne Männer und Weiber saßen darauf; große rote Hammel zogen sie mit der größten Schnelligkeit fort. An Flüchtigkeit übertrafen diese Tiere die besten Gäule aus Andalusien, Tetuan und Mequinez.

Das ist ja ein ganz ander Land als Westfalen! rief Kandide. Bei dem ersten Dorfe, das sie antrafen, kletterte er mit Kakambo'n vom Felsen herunter. Wie sie in den Flecken hereintraten, fanden sie einige Bauerjungen in zerlumpten brokatnen Jacken, Wurfscheiben spielen. Sie konnten sich gar nicht satt an ihnen schauen. Ihre Steine waren ziemlich breit, rund, sahen gelb, rot und grün aus und hatten ausnehmenden Glanz. Unsre Reisenden kamen auf den Einfall, einige davon aufzuheben, und siehe, es war Gold, Smaragden und Rubine. Der kleinste von diesen Edelsteinen würde dem Thron des Großmoguls zur größten Zierde gedient haben. Vermutlich müssen das die königlichen Prinzen sein, die hier Wurfscheiben spielen, sagte Kakambo. Der Dorfschulmeister erschien in diesem Augenblick, um sie in die Schule zu treiben. Ha! ihr Instruktor! rief Kandide.

Sogleich trollten sich die kleinen Bettelbuben vom Spiel' und ließen ihre Steine und all ihr Spielzeug auf der Erde liegen. Kandide hob's auf, rannte dem Schulmeister nach, überreichte es ihm in der demütigsten Stellung und gab ihm pantomimisch zu verstehn, Ihro königlichen Hoheiten hätten ihr Gold und Kleinodien vergessen. Lächelnd warf der Schulmonarch beides auf die Erde, sah' einen Augenblick Kandiden mit großen, sperrangelweiten Augen und Munde an und wanderte seines Weges.

Hurtig hoben unsre Herren aus der andern Welt das Gold, die Smaragden und Rubine wieder auf. Wo sind wir? rief Kandide. Die Königssöhne hier müssen recht philosophisch erzogen werden, da sie Gold und Edelgesteine so frühzeitig verachten lernen. Kakambo stutzte diesmal so sehr wie sein Herr. Endlich kamen sie an das erste Haus im Dorfe, völlig gebaut wie ein europäischer Palast. Ein buntes Gewühl von Menschen war vor der Türe, inwendig ein noch bunters. Die melodischste Musik scholl ihnen entgegen, der lieblichste Geruch duftete aus der Küche her.

Kakambo, der vorangegangen war, hörte daß man darin peruisch sprach; das war seine Muttersprache. Kakambo war, wie die Welt weiß, aus Tukuman; ein Dorf, wo man keine andre Sprache kennt. Ich will Ihr Dolmetscher sein, sagte er zum Kandide. Lassen Sie uns 'reingehn. 's ist 'n Wirtshaus. Zwei junge Gesellen und zwei junge Aufwärterdirnen im Gasthofe, mit Goldgewändern angetan und das Haar mit Band aufgeflochten, nötigten sie sogleich an die Wirtstafel. Man trug vier Suppen auf; jede war mit zwei Papageien garniert, einem gesottnen Kondor von zweihundert Pfund und zwei gebratnen Affen von trefflichem Wohlgeschmack; man setzte dreihundert Kolibris in einer Schüssel auf und sechshundert Fliegenfänger in einer andern und die köstlichsten Ragouts und Pasteten und das niedlichste Gebackne. Das all lag auf Schüsseln, von einer Art Bergkristall gemacht. Die Aurwärter und Aufwärterinnen schenkten vielerlei Getränke ein, alle aus Zuckerrohr verfertigt.

Die meisten Gäste waren Kauf- und Guts-Leute, Männer von ungemein viel Lebensart und Weltton. Die Fragen, die sie an Kakambo'n taten, verrieten insgesamt den vorsichtigen, bescheidnen und verständigen Mann; über alles, was er wissen wollte, gaben sie ihm die hinlänglichste Auskunft.

Als sie abgegessen hatten, warf Kakambo und Kandide zwei von den aufgehobnen Goldstücken hin, womit sie ihre Zeche recht reichlich zu bezahlen glaubten. Der Wirt und die Wirtin hielten sich die Seiten und konnten vor Lachen lange nicht zu sich kommen. Sie sind Fremde, merken wir wohl, sagte der Wirt endlich, und Fremde haben wir noch gar nicht zu Gesichte gekriegt. Müssen's uns ja nicht übelnehmen, daß wir beide vorhin so aufprusteten, mein Weib und ich. 's kam uns gar zu schnurrig vor, daß Sie uns mit Feldsteinen bezahlen wollten. Vermutlich haben Sie kein solch Geld, als bei uns zu Lande gang' und gäbe ist. Tut aber weiter nichts, können deshalb doch immer Zehrung bekommen und Dach und Fach noch obenein. Bei uns sind die Wirtshäuser angelegt, Handel und Wandel in Flor zu bringen, und wir Wirte werden vom Könige bezahlt. Schmalhans ist freilich heut' Ihr Küchenmeister gewesen, aber lassen Sie's gut sein, wo Sie nun hinkommen werden, wird man Ihnen recht nach Standesgebühr und Würden aufschüsseln. Unser Dörfchen ist grade das einzige im ganzen Reiche, wo die Einwohner nicht viel in die Milch zu brokken haben.

Alles dies verdolmetschte Kakambo Kandiden, der darüber nicht weniger in Verwirrung geriet, sich daraus so wenig zu finden wußte wie jener. Was muß dies für ein Land sein, sagte Kandide, das dem übrigen Teil des Erdbodens unbekannt ist, und wo die ganze Menschennatur von der unsrigen so verschieden ist?

Vermutlich ist's das Land, wo alles gut geht. Denn ein solches Land muß es doch platterdings geben. Und was auch Magister Panglos sagte, so hab' ich doch oft bemerkt, daß es in Westfalen ziemlich schlecht bestellt war.
Achtzehntes Kapitel: Was sie in Eldorado sahen

Der neugierige Kakambo legte dem Wirt so viel Fragen vor, daß ihm dieser keine Auskunft mehr geben konnte. Dumm bin ich nun herzlich, aber es schadet mir nichts, sagte der Wirt. Wissen Sie was, wir haben einen alten Herrn hier, ehedem war er bei Hofe; einen hochgestudiertern Mann gibt's im ganzen Lande nicht. Geben Sie dem halbweg ein gut Wort, so kramt er Ihnen all seine Gelehrsamkeit aus. 's is ne rechte gute ehrliche Haut.

Sogleich führte er Kakambo zu dem Alten. Kandide, der jetzt die zweite Rolle spielen mußte, begleitete seinen Bedienten. Das Haus des Gelehrten sah ganz schlecht und recht aus. Die Tür bestand aus kahlem Silber, die Vertäflung des Zimmers aus lumpichtem Golde, war aber so geschmackvoll gearbeitet, daß sie von der reichsten Vertäfelung nicht verdunkelt wurde. Das Vorzimmer war freilich nur mit Rubinen und Smaragden ausgelegt, allein alles daselbst so schicklich angeordnet, daß man diese bäurische Einfalt bald darüber vergaß.

Der Greis nötigte die beiden Fremden auf ein mit Kolibrisdunen ausgestopftes Sofa und ließ ihnen in diamantenen Geschirren allerhand Getränke vorsetzen; hierauf befriedigte er ihre Neugier folgendermaßen:

Ich bin hundertundzweiundsiebenzig Jahre alt und habe von meinem Vater, dem königlichen Stallmeister, die erstaunlichen Meutereien gehört, die in Peru vorgefallen sind und wovon er Augenzeuge gewesen. Das Reich, worin wir uns befinden, ist der Stammsitz der Inkas. Um einen andern Weltteil zu unterjochen, verließen sie ihn höchst unweislich und wurden von den Spaniern ganz aufgerieben.

Die Fürsten von ihrem Geblüt, die in ihrem Vaterlande blieben, waren weiser, sie ließen die Verordnung ergehen, daß kein Einwohner je unser kleines Reich verlassen sollte; ein jedweder hat sich danach gefügt, und eben darum besitzen wir unsre Unschuld noch völlig und unsre Glückseligkeit. Die Spanier haben von diesem Lande einen dunklen Begriff gehabt und es Eldorado genannt, und ein Engländer, der Ritter Raleigh, kam vor hundert Jahren ziemlich in unsere Nähe; dennoch sind die uns umringenden unersteiglichen Felsen und unzugangbaren Abgründe eine Brustwehr gegen die Raubgier der europäischen Nationen gewesen, die — was uns unbegreiflich ist — auf unsere Kieselsteine und auf unseren Dreck so gierig, so erpicht sind, wie der Falke auf die Taube, und die imstande wären, uns alle umzubringen, um nur des Bettels habhaft zu werden.

Ihre Unterredung dauerte lange. Sie betraf die Regierungsform, die Sitten, die Weiber, die öffentlichen Schauspiele, die Künste. Endlich ließ Kandide, dessen Steckenpferd Metaphysik war, sich durch Kakambo'n erkundigen, ob sie hierzulande Religion hätten. Und daran könnt Ihr noch zweifeln, sagte der Greis, und eine feine Röte bezog seine Wange. So haltet Ihr uns für Undankbare? Kakambo fragte ganz demütiglich, was sie für eine Religion hätten. Sollte es denn mehr geben können als eine Religion? frug der Greis, und seine Wange färbte sich von neuem. Ich denke, wir haben die Religion, welche die ganze Welt hat: wir beten Gott an vom Morgen bis zum Abend. Sie beten nur einen Gott an? sagte Kakambo, dessen Amt es war, Kandides Zweifel zu verdolmetschen. Als wenn es deren zwei, drei oder vier gäbe! erwiderte der Alte. Wahrlich! Ihr Leute vom andern Weltteil fragt manchmal ganz sonderbar.

Kandide, des Erkundigens noch nicht überdrüssig, fragte durch sein Sprachrohr, wie ihre Gebete beschaffen wären. Von Gebeten wissen wir nichts, antwortete der gute und ehrwürdige Weise. Wozu sollen wir Gebete zu Gott senden? Er gibt uns ja alles, was zu unseres Leibes Nahrung und Notdurft gehört. Dankopfer bringen wir ihm aber unaufhörlich.

Kandide war neugierig, ihre Priester kennenzulernen, und erkundigte sich, wo sie wären. Priester, antwortete der gute Greis lächelnd, ist jedermann bei uns. Der König und jeder Hausvater singt Gott jeden Morgen sein Loblied in Begleitung von sechstausend Geigern und Pfeifern. „So habt Ihr also keine Mönche, die Lehr' und Trost erteilen, Gezeter und Hetzereien anfangen, das Staatsruder ergreifen, intrigieren und Leute verbrennen lassen, die nicht ihrer Meinung sind." Toren wären wir dann, sagte der Greis. Wir sind insgesamt einer Meinung zugetan und verstehn gar nicht, was Ihr mit Euren Mönchen sagen wollt.

Kandiden setzten diese Reden in die äußerste, freudigste Verwunderung, und er sagte bei sich: Ha! ein ganz ander Ding als unser Westfalen und unser Donnerstrunkshausen! Hätte Freund Panglos Eldorado gesehen, er würde gewiß nicht behauptet haben, es gäbe nichts Vortrefflicheres auf Gottes Erdboden als jenen Rittersitz! Reisen muß man, oder man kömmt hinter nichts. Das ist ausgemacht!

Nach dieser Unterredung ließ der gute Greis sechs Hammel an seinen Wagen spannen und gab den beiden Reisenden zwölf von seinen Bedienten mit, um sie nach Hofe zu bringen. „Mein Alter, hoffe ich, soll Ihnen hinlängliche Entschuldigung sein, daß ich Sie nicht begleite, meine Herren. Der König wird Sie gewiß so aufnehmen, daß Sie nicht unzufrieden sein werden, und sollte Ihnen ja ein oder der andere Brauch zuwider sein, so werden Sie's damit entschuldigen: ländlich, sittlich."

Wetterschnell flogen die sechs Hammel mit Kandiden und Kakambo'n davon. In weniger als vier Stunden befanden sie sich vor dem Palast des Königs, der an dem einen Ende der Hauptstadt lag. Das Portal war zweihundertundzwanzig Fuß hoch und hundert breit. Zu beschreiben, woraus es eigentlich bestanden, ist platt unmöglich; daß es von unendlich kostbarerer Materie muß gewesen sein als jener Bettel von Kieselsteinen und Sand, den wir Gold und Edelsteine nennen, versteht sich von selbst. Zwanzig schöne Dirnen von der Leibwacht empfingen sie beim Aussteigen, brachten sie in's Bad und legten ihnen Röcke an, aus Kolibrisdunen gewebt; hernach führten die Kronbedienten und Kronbedientinnen sie — wie's Sitt' im Lande war — durch zwei Reihen von Geigern und Pfeifern nach dem königlichen Gemache; jegliche Reihe bestand aus tausend Mann. Unfern dem königlichen Hörsaal fragte Kakambo einen von den obersten Kronbedienten, was hier Etikette sei; ob man beim Eintritt in's Zimmer sich auf die Knie oder auf den Bauch werfen, die Hände auf den Kopf oder auf den Hintern legen oder den Staub vom Fußboden lecken müßte, oder wie man sich sonst dabei benähme. Man umarmt den König und küßt ihn auf beide Backen, antwortete der Oberkämmerer. Kandide und Kakambo fielen Ihro Majestät um den Hals, wurden mit unbeschreiblicher Huld empfangen und aufs freundschaftlichste zum Souper gebeten.

Eh' sie zur Tafel gingen, führte man sie in der Stadt herum. Sie fanden die Märkte mit einer Menge Säulen und mit Springbrunnen geschmückt. Einige davon warfen weiter nichts aus als schlecht und rechtes Quellwasser, andere aber Rosenwasser, noch andere Liköre von Zuckerrohr. Die Becken, worin die Wasserstrahlen in einem fort fielen, waren von weitem Umfang und mit einer Art Edelsteinen ausgelegt, die wie Zimt und Nelke dufteten. Alle öffentlichen Gebäude reichten bis in die Wolken.

Kandide erkundigte sich nach dem höchsten Tribunal, dem Parlamente. Das gab' es hier gar nicht, antwortete man ihm. Hier wüßte man nichts von Prozessen. „Und Gefängnisse?" „Sind hier auch nicht Brauch."

Nichts aber war Kandiden überraschender, nichts ihm ergötzender als die Akademie der Wissenschaften. Er fand darin eine Galerie, zweitausend Schritte lang, mit lauter physikalischen Instrumenten angefüllt.

Den ganzen Nachmittag waren sie herumgelaufen und hatten beinahe den tausendsten Teil der Stadt in Augenschein genommen; jetzt führte man sie wieder aufs Schloß zurück. Kandide und sein Bedienter Kakambo mußten sich zwischen Ihro Majestät und vielen Damen niederlassen.

Das war ein Gastmahl, wie man noch nie gesehen hatte. Nicht bloß Weide für den Gaumen, sondern auch für den Geist! So reiche Adern Witzes und guter Laune hatten sich wohl noch nie bei einem Souper ergossen als hier bei Ihro Majestät. Kakambo verdolmetschte Kandiden jeden launigen Einfall des Königs, und — was diesen nicht wenig wunder nahm — so blieb's trotz der Übersetzung noch immer launichter Einfall.

In diesem Lande der Gastfreiheit hatten sie nun einen Monat lang gelebt, und Kandide hatte tagtäglich zu Kakambo'n gesagt: Freilich kann man meinen Geburtsort Donnerstrunkshausen mit diesem Lande gar nicht in Vergleich stellen, aber gleich wohl find' ich keine Baroneß Gundchen hier, und deine Amasia ist auch gewiß in Europa. Bleiben wir hier, so sind wir nicht einen Gran mehr als die übrigen Einwohner. Gehn wir aber wieder in unser Land und nehmen zur zwölf Hammel mit, mit eldoradoschen Kieselsteinen beladen, so sind wir reicher als alle Könige auf Erden, dürfen keine Inquisition mehr fürchten und können gar leicht Baroneß Gundchen wiederbekommen. Der Vorschlag gefiel Kakambo'n nicht übel. Reisen und Rennen, sich bei seinen Landsleuten geltend machen und, was man auswärts gesehen und gehört hat, ihnen ewig vorprunken, das tut der Mensch doch gar zu gern. Von dem Schlage waren auch unsere beiden Reisenden. Sie waren so vollglücklich; um der Lage nicht überdrüssig zu sein, gingen sie hin und baten den König um ihren Abschied.

Kein gescheiter Einfall, Kinder! sagte der König. Ich weiß wohl, daß mein Land nicht so was Besonders ist, indes sitzt man nur halbweg gut, muß man das Rücken lassen, pflegt man bei uns zu sagen. Ich kann freilich keinen Ausländer wider seinen Willen in meinem Reiche behalten; das wäre Tyrannei, und die entspricht weder unsern Sitten noch Gesetzen. Der Mensch ist ein freies Geschöpf. Reist, wenn Ihr wollt, aber das müßt Ihr wissen, es wird Euch ziemlich schwerfallen, aus meinem Reiche zu kommen.

Gegen den reißenden Strom, der durch die Felskluft schießt und den Ihr durch ein wahres Wunderwerk passiert seid, anzufahren, ist platt unmöglich. Die Grenzgebirge meines Reichs sind zehntausend Fuß hoch und turmgrade; jeglicher Berg beträgt im Umfange mehr als zehn Meilen; jenseits sind tiefe Abgründe. Indes, da Ihr auf Eurer Abreise besteht, will ich meinem Oberbaudirektor anbefehlen, eine Maschine verfertigen zu lassen, die Eure Fahrt erleichtern soll. Geleitsmänner kann ich Euch nicht geben, wenn Ihr erst über die Gebirge seid! Denn meine Untertanen haben feierlich angelobt, nie ihre Hütt' und Herd zu verlassen, und sind zu weise, dagegen zu handeln. Sonst könnt Ihr fordern, was Ihr wollt.

Dürfen wir das? sagte Kakambo. Nun wohl, Ihro Majestät, so erbitten wir uns von Ihnen einige Hammel mit Lebensmitteln, Kieselsteinen und Dreck beladen. Sonderbare Geschöpfe, Ihr Europäer! ich begreife Euch gar nicht! sagte der König mit lachendem Munde. Wie könnt Ihr auf unsern gelben Dreck so erpicht sein. Doch nehmt dessen, soviel Ihr wollt, und wohl bekomm's den Herren.

Sogleich gab er seinen Ingenieurs Befehl, den Riß zu einer Winde zu liefern, womit man diese zwei Männer aus dem Königreiche hinauswinden könnte. Dreitausend gute Mechaniker arbeiteten nach diesem Riß, und binnen vierzehn Tagen war die Maschine fix und fertig. Sie kam nach dortigem Gelde nicht höher als zwanzig Millionen Pfund Sterling.

Man setzte Kandiden und Kakambo'n in diese Maschine. Es befanden sich auf selbiger zwei große rote Hammel, wohl gezäumt und gesattelt, um sich ihrer zum Reiten zu bedienen, wenn sie über die Gebirge wären, zwanzig Packhämmel waren mit Lebensmitteln beladen, dreißig trugen die größten Seltenheiten des Landes und fünfzig Gold, Edelsteine und Diamanten. Der König nahm von den beiden Vagabunden den zärtlichsten Abschied.

Ihr Auszug und die erfindungsreiche Art, wie sie mit ihren Hammeln emporgelüpft wurden, machte wirklich ein sehenswürdiges Schauspiel. Als sie völlig in Sicherheit waren, nahmen die Mechaniker von ihnen Abschied.

Jetzt hatte Kandide keinen andern Gedanken, fühlte keinen andern Drang, als all seine Hammel mit ihren Kostbarkeiten Baroneß Gundchen zu Füßen zu legen. Nunmehr können wir den Gouverneur von Buenos-Aires bezahlen, wenn er sich's untersteht, auf meine unschätzbare Gunde einen Preis zu setzen, sagte er. Wir wollen nach Karolina gehn, uns daselbst einschiffen und hernach zusehn, was für ein Königreich wir uns kaufen können.
Neunzehntes Kapitel: Was ihnen zu Surinam begegnet, und wie Kandide mit Martinen bekannt wird

Die erste Tagreise lief recht vergnügt ab. Der Gedanke, mehr Schätze zu besitzen, als ganz Asiä, Europa und Afrika zusammen aufzubringen vermögen, gab ihnen Mut und Stärke. Der glühende, liebestrunkne Kandide schnitzte in jeden Baum den Namen Kunegunde.

Bei der andern Tagreise ging's schon viel schlimmer. Zwei von ihren Hammeln blieben in Morästen stecken und sanken mit ihrem Gepäck unter. Einige Tage drauf fielen zwei andre Hammel vor Strapazen um; sieben oder acht verhungerten eine Zeitlang nachher in einer Wüste; noch andre stürzten in der Folge die Felsen herab, kurz, nachdem sie hundert Tage gewandert waren, waren ihre Hammel bis auf zwei zusammengeschmolzen.

„Nichts vergänglicher hienieden, Freund, wie du siehst, als Reichtümer, und nichts dauernder als Tugend und die wonneselige Hoffnung, Baroneß Kunegunden wiederzusehen!" Wohl wahr! Wohl wahr! sagte Kakambo, indes haben wir noch zwei Hammel mit mehr Schätzen beladen, als ein König von Spanien sein Lebtage kriegen wird, und ich sehr von weitem 'ne Stadt, die mir wie Surinam vorkommt. Ist dem so, so haben all' unsre Leiden ein Ende, und von nun an wird alles anfangen, uns zu grünen und zu blühen.

Unfern der Stadt fanden sie einen Neger auf der Erde liegen, der nur seine halbe Kleidung an hatte, d. h. eine blauleinwandne Hose; das linke Bein und die rechte Hand fehlte dem armen Schelm. Mein Gott! rief ihm Kandide auf Holländisch zu, Freund, was machst du hier in dem entsetzlichen Zustande? „Ich warte auf meinen Herrn, den Herrn van der Dendur, den großen Kauf- und Handels-Herrn." Hat der Herr von der Dendur dich so verstümmelt? frug Kandide.

„Wohl, lieber Herr. Das ist nun einmal so eingeführt. Alle Jahre kriegen wir zwei Paar Leinwandhosen und weiter auch kein Flittchen, uns zu bedecken. Huscht mal die Zuckermühle, worin wir arbeiten müssen, uns einen Finger weg! schwapp! schlagen sie uns die Hand ab, und wollen wir davonlaufen, hacken sie uns das Bein weg. Mir ist das beides zugestoßen. — Sehn Sie, um d e n Preis kriegen Sie in Europa den Zucker zu essen! Und doch sagte meine Mutter zu mir, wie sie mich für zehn Albertustaler auf der Küste von Guinea verkaufte: Liebes Herzenskind, preis' und danke unsern Fetischen, und bete sie immer an; sie werden dir ein langes, glückliches Leben schenken. Du hast die Ehre, ein Sklave von unsern Herren, den Weißen zu werden, und machst dadurch Vater und Mutter glücklich."

„Ob sie's geworden sind, weiß ich nun nicht, daß ich's aber nicht geworden bin, das weiß der liebe Gott im Himmel! Hund und Aff' und Papagei hat tausendmal weniger auszustehn als ich. Ich werde geschurigelt, 'runtergerackert wie all' nichts guts. Die holländischen Fetischirs, die mich bekehrt haben, schwatzen uns Sonntag vor Sonntag vor: wir wären alle Adamskinder, Weiß' und Schwarze. Ich kann's ihnen nun nicht nachrechnen; wenn sie aber keine Lüge sagen, na so sind wir alle Geschwisterkinder. Und alsdann müssen Sie mir einräumen, daß man unmöglich seine Anverwandten hündischer traktieren kann als uns."

O Panglos! auf diese Greueltaten bist du nie gefallen! rief Kandide. Nicht anders, ich muß zuletzt deinen Lehrsatz fahren lassen! Was für einen Lehrsatz? sagte Kakambo. Oh! den rasendsten von der Welt! sagte Kandide. Der Mann behauptete, wenn alle Stürme des Unglücks über ihm zusammenschlugen: diese Welt sei doch die beste!

Voll Mitleid verweilte Kandiden's Blick auf dem unglücklichen Negersklaven, und er vergoß Tränen. Mit Zähren auf den Backen und im Auge ging er nach Surinam hinein.

Vor allen Dingen erkundigten sie sich, ob kein Schiff im Hafen läge, das man nach Buenos Aires senden könnte. Der Mann, an den sie sich gewandt hatten, war grade ein spanischer Schiffspatron. Er erbot sich, es für ein Billiges zu tun, und beschied sie in ein Wirtshaus, um dort weitre Abrede zu nehmen. Kandide fand sich samt dem treuen Kakambo und seinen zwei Hammeln daselbst ein.

Kandide, dem das Herz immer auf der Zunge saß, erzählte dem Spanier all seine Abenteuer, und platzte auch mit seinem Vorhaben heraus, Baroneß Gundchen zu entführen. Da werd' ich kein Narr sein und Sie nach Buenos Aires bringen, sagte der Schiffspatron. Ich müßte sowohl an den hellen lichten Galgen wie Sie. Die schöne Kunegunde ist Favoritmätresse von Ihro Exzellenz, dem Herrn Gouverneur.

Das war ein Donnerstrahl, der Kandiden ganz zu Boden schmetterte. Er lag lange da und weinte sich aus, endlich sprang er auf und führte Kakambo'n in ein Seitenkabinett. Hör', lieber Freund, sagte er: Du hast so wohl wie ich fünf bis sechs Millionen Diamanten in der Tasche. Der gescheitste Rat nun ist der: Du gehst damit nach Buenos Aires und kaufst Baroneß Kunegunden los. Das wird dir Pfiffkopf nicht schwerfallen. Macht Don Fernando Umstände, so gib ihm eine Million, will er noch nicht, gib ihm zwei. Fallen können dir gar nicht gelegt werden, denn du hast keinen Inquisitor umgebracht. Ich segle indes nach Venedig und erwarte dich daselbst. Dort kann ich sicher sein vor Bulgaren und Abaren, vor Juden und Inquisitoren; es ist ein freier Staat.

Kakambo fand das sehr gut ausgedacht, es zerschnitt aber sein Herz, sich von einem so guten Herrn trennen zu müssen, der sein Busenfreund geworden war; indes siegte der angenehme Gedanke, ihm nützlich sein zu können, über den Schmerz, von ihm zu scheiden. Mit heißen Tränengüssen umarmten sie sich; Kandide knüpfte ihm fest ein, die gute Alte ja nicht zu vergessen, und Kakambo reiste noch selbiges Tages fort. Es war ein rechter guter ehrlicher Schlag, der Kakambo!

Kandide blieb noch eine Zeitlang in Surinam und wartete, bis ein andrer Schiffspatron ihn und den kleinen Überrest seiner Hammel nach Italien fahren wollte; er nahm Bedienten an und kaufte alle Bedürfnisse zu einer so langen Reise ein. Endlich ließ sich der Herr eines ansehnlichen Schiffes bei ihm melden. Es war Mynheer van der Dendur.

Wie viel verlangen Sie, mich, meine Leute, mein Reisegepäck und die beiden Hammel recta nach Venedig zu schaffen? sagte Kandide. Der Schiffspatron forderte zehntausend Piaster. Kandide schlug gleich ein.

Hoho! sagte Schlaukopf van der Dendur im Weggehn zu sich selbst: schlägt gleich zu: Dem Ausländer ist das so gleichviel, zehntausend Piaster hinzugeben. Der muß gewaltig viel vor den Daumen zu schieben haben. Einen Augenblick nachher kam er wieder zurück und versicherte, unter zwanzigtausend Piaster könnt' er ihn nicht mitnehmen. Nun gut, das Geld sollen Sie haben, sagte Kandide.

Der Daus! murmelte der Kauf mann in den Bart, dem sind zwanzigtausend Piasters so'n Pappenstiel wie zehn. Hm! hm! Und kehrte wieder um und schwur Stein und Bein, daß er ihn nicht nach Venedig schaffen könnte, wenn er ihm nicht wenigstens dreißigtausend Piaster gäbe. Ja, die sollen Sie haben, sagte Kandide. Blitz! auch die! Fallen ihm die dreißigtausend Piaster ebenso aus dem Ärmel! sagte der Holländer. Ohne Zweifel müssen die beiden Hammel unermeßliche Schätze haben. Will ihm vor der Hand nichts weiter abfordern und mir die dreißigtausend Piaster gleich bezahlen lassen, das übrige wird sich schon finden.

Kandide verkaufte zwei kleine Diamanten, davon der schlechteste mehr betrug als des Schiffers ganze Forderung. Er bezahlte im voraus; seine beiden Hammel wurden eingeschifft; er setzte sich auf ein klein Fahrzeug, um das Schiff in der Reede zu erreichen. Der Patron ersah seine Zeit, spannte die Segel, lichtete die Anker, und unter dem günstigsten Winde stach er flott in See.

Kandide ganz verdutzt, verlor ihn bald aus den Augen. Ha! schrie er, das Stückchen schmeckt völlig nach der alten Welt! In ein Meer von Schmerz versenkt nahte er sich dem Ufer. War ihm seine Betrübnis zu verdenken? Was er einbüßte, das hätte das Glück von zwanzig Monarchen gemacht.

Er eilte zum holländschen Richter, pochte ziemlich stark an, brauste herein — denn er war noch in der ersten Gährung — erzählte sein Abenteuer, und in der Wärme des Erzählens wird er ein wenig lauter, als sich's ziemte. Für all' das Gebuller erlegen Sie sogleich zehntausend Piaster! diktierte ihm der Richter! Hierauf hört' er ihn geduldig aus, versprach die Sache vorzunehmen, sobald der Kaufmann wieder da sein würde, und ließ sich noch zehntausend Piaster Gerichtsgebühren zahlen.

Kandiden hatte zwar schon unendlich härters, niederdrückenderes Ungemach betroffen, dennoch aber erlag er unter diesem. Die Kaltblütigkeit des Richters und des Schiffspatrons, der ihn so schrecklich geprellt hatte, machte alle seine Galle rege und stürzte ihn in die düsterste Schwermut. Jetzt erblickte er die Argherzigkeit der Menschen in ihrer ganzen scheußlichen Gestalt; alles zeigte sich ihm in dunklem, höllenschwarzem Lichte. Endlich erfuhr er, daß ein französisches Schiff im Begriff stände, nach Bordeaux zu segeln. Da er keine Hammel mit Diamanten bepackt mehr mitzunehmen hatte, mietete er sich ein wohlfeiles Kämmerchen im Schiff und ließ in der Stadt bekanntmachen, wenn sich ein braver Mann fände, der mit wollte, so sollte er nicht für Reisekosten und Zehrung zu sorgen haben und überdies zweitausend Piaster bekommen; dieser Mann aber müßte seines Zustandes äußerst überdrüssig sein und der allerunglücklichste im ganzen Lande.

Es kam der Prätendenten eine solche Menge, daß eine ganze Flotte nicht Raum für sie gehabt hätte. Kandide suchte die Angesehnsten darunter aus; das waren ein Stück zwanzig, bei denen unter den Falten und Runzeln des Elends Züge von Geselligkeit hervorblickten, und die insgesamt den Vorzug zu verdienen behaupteten.

Sie mußten sich alle in seinem Wirtshause einfinden und mit ihm Abendbrot nehmen. Jeder hatte ihm zuschwören müssen, seinen Lebenslauf treu und sonder Gefährde zu erzählen, und er hatte dagegen versprochen, denjenigen von ihnen zu wählen, der ihm der bedauernswürdigste, der mit größtem Fug und Recht über seinen Zustand mißvergnügteste scheinen würde; die übrigen aber sollten eine Erkenntlichkeit erhalten.

Die Sitzung dauerte bis vier Uhr morgens. Bei jeder Erzählung fiel Kandiden ein, was die Alte ihm auf der Fahrt nach Buenos Aires gesagt hatte, und ihre Wette, daß sich niemand auf dem Schiffe befände, dem nicht schon das größte Ungemach zugestoßen wäre; auch Panglos fiel ihm ein. Da saß' er in der Klemme, der gute Panglos, wenn er jetzt sein System verfechten wollte. Hätt' ich ihn doch nur hier. Wahrlich! wenn's irgendwo gut geht, so ist's einzig und allein in Eldorado.

Seine Wahl fiel endlich auf einen armen Gelehrten, der zehn Jahre für die Amsterdamer Buchhändler gearbeitet hatte. Er glaubte, es könnte auf der Welt unmöglich ein Metier geben, dessen man eher überdrüssig würde.

Dieser Gelehrte, sonst ein herzensguter Mann, war von seiner Frau bestohlen, von seinem Sohne durchgeprügelt und von seiner Tochter um eines jungen Portugiesen willen verlassen worden. Eines Ämtchens, das sein einzger Wagen und Pflug war, hatte man ihn eben entsetzt und die Surinamschen Prediger verfolgten ihn mit Gözischem Eifer, weil sie in ihm einen Socinianer wähnten.

Zur Steuer der Wahrheit müssen wir bekennen, daß die übrigen neunzehn wenigstens ebenso unglücklich waren wie dieser Mann; allein Kandide hoffte, dieser Gelehrte würde auf der Reise alle Langeweile zu verbannen wissen. All seine Nebenbuhler verdroß Kandidens Wahl sehr; sie waren aber gleich wieder besänftigt, wie er jedem hundert Piaster gab.
Zwanzigstes Kapitel: Seeabenteuer Kandidens und Martins

Der alte Gelehrte, der Martin hieß, schiffte sich also mit Kandiden nach Bordeaux ein. Beide hatten viel gesehen, viel erlitten, und wäre das Schiff von Surinam aus über das Vorgebirge der guten Hoffnung nach Japan gegangen, so würd' es ihnen doch nicht an Stoff gefehlt haben, sich die ganze Reise hindurch mit dem physischen und moralischen Übel zu unterhalten. Indes hatte Kandide einen großen Vorteil gegenüber Martin, er hoffte noch immer, Baroneß Gundchen wiederzusehn, und Martin hatte gar keine Hoffnung mehr; überdies besaß jener Gold und Diamanten, und ob er gleich hundert dicke rote Hammel, mit den größten Schätzen der Erde beladen, verloren hatte, ob ihm gleich des holländischen Schiffspatrons Prellerei noch in's Herz schnitt, so schwankte er dennoch, wenn er an den Inhalt seiner Taschen dachte oder von seinem Gundchen sprach und zumal, wenn er die Gläser klingen hörte, nach Panglosens System hin.

Aber was denken Sie von alle dem, lieber Martin? sagte er. Was halten Sie vom physischen und moralischen Ãœbel?

Martin. Lieber Kandide, die Pastoren dort klagten mich als Sozinianer an, aber die rechte Wahrheit zu sagen, ich bin ein Manichäer.

Kandide. Haben Sie mich nicht zum besten. Es gibt ja keine Manichäer mehr in der Welt.

Martin. So bin ich der einzige, ich kann nun einmal nicht anders denken.

Kandide. So muß der Teufel in Sie gefahren sein, Herr.

Martin. Leicht möglich! So wie der hienieden allenthalben herumspukt und sein Wesen hat, kann er's auch in meinem Leibe. Ich muß Ihnen gestehn, wenn ich so einen Blick auf die Erdkugel oder vielmehr auf dies winzige Erdkügelchen werfe, daß mir der Gedanke nicht aus dem Kopf will: Gott habe einem bösen Geiste die Macht eingeräumt, eignes Beliebens damit zu schalten und zu gebaren; Eldorado nehm' ich hiervon aus.

Ich habe keine Stadt gesehn, die nicht nach dem Untergang ihrer Nachbarin dürstete, keine Familie, die nicht nach der Ausrottung einer anderen lechzte; ich seh' allenthalben, wie die Schwachen die Mächtigen verabscheuen, vor welchen sie kriechen müssen, und wie diese jenen als einer Herde begegnen, der Woll' und Fleisch feil ist; sehe wie eine Million eingeregimenteter Schnapphähne Europa von einem Winkel zum andern durchströmt, mordet und straßenraubt, und das alles mit der schärfsten Mannszucht, bloß um ein Stückchen Brot zu verdienen, das er auf keine ehrenvollere Art zu verdienen weiß. Und in Städten, die im völligsten Genuß des Friedens zu sein scheinen, worin Künst' und Wissenschaften blühen, martert, reibt die Einwohner Eifersucht, Gram und Kummer weit mehr auf, als alle Drangsale und Schrecknisse der Hungersnot und Verzweiflung in einer belagerten Stadt es tun können. Herzenskummer ist noch härter, marternder als das allgemeine Elend. Mit einem Wort, ich habe soviel gesehn, soviel erlitten, daß ich Manichäer geworden bin.

Kandide. Doch gibt's noch viel Gutes in der Welt.

Martin. Kann sein, bis dato ist mir's aber noch nicht zu Gesicht gekommen.

In dem Gezeter, das sich hierüber anspann, waren sie noch nicht weit, als sie einige Kanonenschüsse hörten; jeden Augenblick wurden die Schüsse heftiger. Sie nahmen ihre Sehröhren und wurden in einer Entfernung von ungefähr drei Meilen zwei Schiffe gewahr, die aufeinander losfeuerten. Der Wind führte sie alle beide dem französischen Schiffe so nahe, daß man das Treffen ganz gemächlich ansehn konnte. Endlich gab das eine Schiff dem andern so die volle Lage, daß es gleich untersank. Kandide und Martin erblickten auf dem Verdeck des untergehenden Schiffs hundert Menschen, die unter erbärmlichem Zetergeschrei die Hände gen Himmel emporhoben, und im Hui war alles verschlungen.

Nun sehn Sie, so handelt der Mensch gegen seinen Bruder! sagte Martin. Wirklich, dies Verfahren hat was Teuflisches! versetzte Kandide. Bei diesen Worten ward er etwas Glänzendrotes gewahr, das auf sein Schiff zugeschwommen kam. Man machte die Schaluppe los, um zu sehn, was es sei. Es war einer von Kandidens Hammeln. Ein Fund, der ihn mehr freute, als ihn der Verlust von hundert, wohlbepackt mit eldoradoschen Diamanten geschmerzt hatte.

Der französische Hauptmann hatte gar bald bemerkt, daß der Hauptmann des niederbohrenden Schiffs ein Spanier war und der Befehlshaber des niedergebohrten ein holländischer Seeräuber; eben der, der Kandiden bestohlen hatte. All die unermeßlichen Reichtümer, worin der spitzköpfige Bube seine Klauen geschlagen hatte, wurden mit ihm in der Tiefe des Meers begraben, und weiter nichts geborgen als ein Hammel.

Sehn Sie, sagte Kandide zu Martin, das Laster wird bisweilen bestraft; dieser Schurke von holländischem Schiffspatron hat seinen verdienten Lohn erhalten. Recht gut! weshalb mußten aber die Passagiere, die auf seinem Schiffe waren, mit untergehn? sagte Martin. Ich kann mir's nicht anders erklären, als daß Gott den Spitzbuben bestraft, und der Teufel die übrigen ersäuft hat.

Indes ging das französische und das spanische Schiff jedes seinen Gang, und Kandidens und Martins Unterredung den ihrigen. Vierzehn Tage hintereinander hatten sie sich herumdisputiert, und waren am vierzehnten Tage noch nicht weiter als am ersten. Es half wenigstens so viel, daß sie nicht stumm gewesen waren, sich ihre Gedanken mitgeteilt und einander getröstet hatten. Kandide liebherzte seinen Hammel. Da ich Dich wiedergefunden habe, sagt' er, werd' ich auch wohl noch mein Gundchen wiederfinden.

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