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Monolog
prose [ ]
Aus dem Theaterstück

- - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - -
by [Witold_Gombrowicz ]

2004-01-11  | [This text should be read in deutsch]    |  Submited by error



HEINRICH allein
Ein Spielchen
Nehmen wir an, es war ein Spielchen
Aber...was war es? Inwieweit können solche Spielchen gefährlich werden?
Ich wüsste gern, wie weit eigentlich die Worte reichen?
Und wie weit reiche ich?
Ein Traum? Ja, ja ein Traum ... Kindheit ...
Zu einem Möbelstück Du schaust mich an? Ich bin im Fangnetz von Blicken, im Gesichtsfeld, und alles, was ich ansehe, schaut mich an
Obwohl ich allein bin
Allein
In dieser Stille ...Ich strecke die Hand aus. Diese ganz übliche
Normale
Alltägliche
Bewegung
Wird zur Bedeutsamen Bewegung, da sie an niemanden
Gerichtet ist ...
In der Stille bewege ich Finger, und mein Selbst
Wächst durch sich selber an sich selber an
Und wird Kern des Kerns. Ich, ich, ich, ich allein!
Wenn aber ich, ich, ich allein, dann warum
(Verwenden wir ruhig diesen Effekt) bin ich nicht da?
Was nützt es (frag ich), dass ich ganz mittendrin bin, ganz im Zentrum, wenn ich, ich niemals sein kann:
Ich selbst
Ich allein
Ich allein
Jetzt, wo du allein bist, ganz allein, könntest du wenigstens für einen Augenblick dein unaufhörliches Rezitieren ablegen
Dieses fabrizieren von Wörtern
Dein Produzieren von Gesten ...
Aber selbst wenn du allein bist, tust du nur so als wärst du allein, und
(Sagen wir das einmal aufrichtig hier, an diesem Ort, in diesem Augenblick?)
Immer tust du nur so, als wärst du du selbst,
Sogar vor dir selbst.

Ich allein
Ich allein (betonen wir das noch einmal) ... und dort
Schreit’s, brüllt’s und stöhnt’s, und Blut, ach, ach und Angst
Oh, nie hat noch ein Mensch
So schwere Fragen müssen lösen
Hat unter grauvoll’rer Last geächzt
Des Schmerzes und der Schande ... Welchen Standpunkt beziehen? Welche haltung annehmen? Ja, ja, ich kann
Im Angesichte dieses Ozeans der Niedertracht, der Schrecklichkeit
Und der Schande die Braue runzeln
Die Hände zum Himmel heben, kann
Ballen zur Faust die Hand, oder mit der Hand
Mir über die klug betrübte Stirne streichen
Ich, ja, ja, ich ... Ich kann
Mein Selbst in solche Posen kleiden ... vor euch
Und für euch! Aber nicht für mich! Ich brauche
Keine Pose! Ich fühle keinen
Fremden Schmerz! Und meine Menschlichkeit
Die rezitier ich bloß! Nein, nein, ich existiere nicht,
Außer mir erschaff ich mich, ach, ach, tonloses
Leeres Orchester meines „ach“ das meiner Leere du
Entspringst und in die Leere wieder sinkst.

Oh Deklamatoren!
(Mit Furie stoßen wir dieses Wort hervor und mit Sarkasmus)
Die ihr die Fresse angefüllt habt mit Moral
Und mit Verantwortung! (Spöttisch
Boshaft verziehn wir hier das Gesicht, und winken höhnisch ab)
Umsonst sind eure Bücher, Philosophien
Artikel, Reden und Systeme
Argumentationen, Definitionen, Observationen
Inspirationen, Emotionen, Relevationen
Angesichts der Masse von zwei Milliarden Menschen
Die zwischen sich sich sühlen in der ew’gen
Und dunklen, wilden, unreifen Brunst ...
Umsonst schwirrt eure Fliege um die Nase
Des schwarzgrünen Abgrunds (mag nun unser diskretes
Und menschlichmenschliches, privates und stilles
Nicht zu bestimmendes und unerforschtes
Gelächter jetzt zu Wort sich melden ...) Wenn ihr noch immer irgendwelche
Einstellungen einnehmt
So befummeln wir uns hier ganz ungeniert
Unterm Gesträuche unseres Schicksals

(Doch jetzt, um zu beenden
Diesen Monolog)

Ich verwerfe jegliche Ordnung, jegliche Idee,
Ich traue keiner Abstraktion, keiner Doktrin
Ich glaube nicht an Gott noch an die Vernunft!
Genug jetzt dieser Götter! Gebt mir den Menschen!
Er sei, wie ich, trübe und unreif
Unvollendet, dunkel und unklar
Dass ich mit ihm tanze! Spiele! Kämpfe!
Ihm etwas vormache! Mich bei ihm einschmeichle!
Ihn ficke, mich in ihn verliebe, auf ihm
Mich immer neu erschaffe, und an ihm wachsend
Mir selber meine Trauung gebe in der Menschenkirche!
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