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- - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - 2004-01-05 | [This text should be read in deutsch] | Submited by Mihai Popeti
Übrigens empfehle ich euch die Methode der Intensivierung durch Wiederholung; den indem ich manche Worte, Redewendungen, Situationen sowie Teile systematisch wiederhole, intensiviere ich sie und potenziere zugleich den Eindruck von der Einheitlichkeit des Stils beinahe bis an die Grenzen der Überspanntheit. Durch Wiederholung, durch Wiederholung wird am leichtesten jegliche Mythologie geschaffen. Beachtet jedoch, dass solch eine Konstruktion aus Teilen nicht nur eine Konstruktion ist, sondern eigentlich eine ganze Philosophie, die ich hier in der leichten, schaumigen Form eines unbekümmerten Feuilletons darstellen will. Sagt mir, meint ihr nicht, dass der Leser nur Teile assimiliert, und das nur teilweise? Er liest einen Teil oder ein Stückchen, und dann hört er auf, um nach einer Weile das nächste Stückchen zu lesen; und manchmal kommt es vor, dass er in der Mitte anfängt oder gar am Ende und so, vom Ende aus rückwärts, zum Anfang gelangt.
Oft liest er ein paar Stücke und gibt auf - nicht einmal darum, weil es ihn etwa langweilt, sondern weil ihm etwas anderes einfiel. Und selbst, wenn er schließlich das Ganze gelesen hat, meint ihr, dass er es dann in seiner Ganzheit überblickt und die harmonischen Verhältnisse der einzelnen Teile zueinander erkennt, wenn ihn nicht der Spezialist darauf hinweist? Dazu also müht sich jahrelang der Autor, schneidet zu, biegt hin, reißt ab, flickt, schwitzt und quält sich, damit ein Speziallist dem Leser sage, dass die Konstruktion gut ist? Doch gehen wir weiter auf das Terrain alltäglicher privater Erfahrung! Wird den Leser nicht vielleicht das Telephon oder eine Fliege gerade an der Stelle unterbrechen, wo alle einzelnen Teile in die Einheit einer dramatischen Lösung zusammenlaufen? Und was erst, wenn gerade in diesem Augenblick, sagen wir mal, sein Bruder ins Zimmer tritt und etwas sagt? Angesichts des Bruders, der Fliege oder des Telephons geht alles edle Mühen des Schriftstellers zum Teufel - pfui, ihr schlechten Fliegen, warum setzt ihr den Menschen zu, die schon die Schwänze verloren und nichts mehr haben womit sie sich wehren können? Und nehmen wir dazu noch in betracht, ob dieses euer Werk, euer einziges, einzigartiges und ausgearbeitetes Werk nicht nur ein Teil ist von dreißigtausend anderen, ebenso einzigartigen Werken, die Grundsätzlicherweise Jahr für Jahr erscheinen? Ach, ihr entsetzlichen Teile! Darum also konstruieren wir das Ganze, damit ein Teilchen eines Teiles des Lesers ein Teilchen eines Teiles des Werkes in sich aufnehme - und auch das nur zum Teil?
Es fällt schwer, nicht über das Thema zu witzeln. Der Scherz drängt sich einem von selber auf. Denn seit langem haben wir gelernt, mit einem Scherz abzutun, was uns allzu beißend zusetzt. Wird einst das Genie der Ernsthaftigkeit geboren werden, das den realistischen Kleinheiten des Lebens ins Auge sehen wird, ohne in stumpfsinniges Gekicher auszubrechen? Wessen Größe wird endlich einmal der Kleinheit gerecht werden? Ei du mein Ton, du Ton des leichten Feuilletons! Doch beachten wir weiter (um schon den Kelch der Teilchen bis zur Neige zu leeren), dass die Kanons und Prinzipien der Konstruktion, denen wir uns sklavisch fügen, ebenfalls nur das Produkt kaum eines Teiles sind - und das eines äußerst verschwindenden Teiles. Ein winziges Teilchen der Welt, nicht größer als der kleine Finger, ein Grüppchen von Spezialisten und Ästheten, das in seiner Gänze vollauf in einer einzigen kleinen Bar Platz hätte, bearbeitet und bildet sich dort ständig gegenseitig weiter und quetscht immer raffiniertere Postulate aus sich heraus. Doch was noch schlimmer ist: diese Geschmäcker sind eigentlich keine Geschmäcker, nein, eure Konstruktion schmeck ihnen nur zum Teil: zum weit größeren Teil schmeckt ihnen ihre eigene Sachkenntnis in Dingen der Konstruktion. Und also darum bemüht sich der Schöpfende, seine konstruktive Fähigkeit zu bezeigen, damit der Kenner mit seiner Kennerschaft auf diesem Gebiete glänzen könne? Pst!...Stille...Mysterium...da kniet der fünfzigjährige Schöpfer schöpfend vor dem Altar der Kunst und sinnt über sein Meisterwerk, über die Harmonie, die Präzision, die Schönheit, den Geist und die Überwindung; da zeigt sich der Kenner als Kenner, indem er das Geschaffene des Schöpfers in vertieftem Studium vertieft, worauf das Werk in die Welt hinausgeht und zum Leser gelangt - und was in gänzlichen und völligen Qualen gezeugt wurde, wird nur äußerst teilweise zwischen Telephon und Kotelett aufgenommen. Hier füttert der Schriftsteller den Leser mit Seele, Herz, Kunst, Mühe und Qual - und hier hat der Leser gar keine Lust, oder wenn er Lust hat, dann aus Lustlosigkeit, nur so mal, bis das Telephon klingelt. Die kleinen Wirklichkeiten des Lebens richten euch zugrunde. Ihr seid wie der Mensch, der den Drachen zum Kampf herausforderte, und den ein Stubenhündchen ins Bockshorn jagt. Und, frage ich euch ferner (um noch einen Zug aus dem Kelch der Teilchen zu tun), bringt - eurer Meinung nach - ein im Sinne aller Kanons konstruiertes Werk das Ganze oder nur einen Teil zum Ausdruck? Ach was! Beruht denn nicht alle Form auf Elimination, ist Konstruktion nicht Verminderung, kann ein Ausdruck etwas anderes als nur einen Teil der Wirklichkeit wiedergeben? Der Rest ist Schweigen. Und schließlich: schaffen wir Form, oder schafft sie uns? Es scheint uns, dass wir konstruieren - Täuschung! -, in gleichem Maße werden wir konstruiert durch die Konstruktion. Das, was du geschrieben hast, diktiert dir den weiteren Sinn; nicht aus dir wird das Werk geboren; dies wolltest du schreiben, und etwas ganz anderes ist dir aufs Papier gekommen. Die Teile neigen zu einem Ganzen hin, jeder Teil strebt heimlich zu einem Ganzen, trachtet nach Abrundung, sucht Ergänzung, erfleht die Fortsetzung nach seinem Bilde und seiner Ähnlichkeit. Unser Geist fischt aus dem aufgewühlten Ozean der Erscheinungen irgendeinen Teil, sagen wir, ein Ohr oder ein Bein, und schon drängt sich uns am Anfang unseres Werkes ein Ohr oder ein Bein in die Feder, und dann kommen wir nicht mehr aus dem Teile heraus, wir schreiben ihm seine Fortsetzung, und er diktiert uns alle übrigen Glieder. Um den Teil ranken wir uns wie Efeu um die Eiche, der Anfang begründet das Ende, Das Ende den Anfang, die Mitte aber entsteht zwischen dem Anfang und dem Ende. Absolutes Nicht-Können und Nichtimstandesein zum Ganzen kennzeichnet die Menschliche Seele. Was soll man da mit so einem Teil beginnen, der uns unähnlich geboren wurde, als ob tausend geile, feurige Hengste das Lager der Mutter unseres Kindchens heimgesucht hätten - ha, wohl einzig, um den Schein der Vaterschaft zu retten, müssen wir mit aller moralischen Macht unserem Werke ähnlich zu werden trachten, wenn es uns ähnlich sein will. Ja, ich erinnere mich sogar: vor Jahren kannte ich einen Schriftsteller, dem am Anfang seiner Karriere ein heroisches Buch aus der Feder entsprungen war. Ganz zufällig hatte er gleich mit seinen ersten Worten heroische Saiten angeschlagen, obwohl er ebenso gut eine skeptische oder lyrische Note hätte anschlagen können. - aber die ersten Sätze erklangen eben heroisch, und darum konnte er, um der Harmonie der Konstruktion gerecht zu bleiben, nicht umhin, den Heroismus bis zum Ende Stufe um Stufe zu steigern. Und so rundete, glättete und vervollkommnte, verbesserte und passte er den Anfang so lange dem Ende, das Ende dem Anfang an, bis schließlich daraus ein Werk voller Lebendigkeit und voll tiefster Überzeugung entstanden war. Was sollte er da mit dieser seiner tiefsten Überzeugung nun machen? Kann man seine tiefste Überzeugung verleugnen? Kann ein für sein Wort einstehender Künstler bekennen, dass ihm das Heroische nur eben gerade mal so in die Feder gekommen und einfach nur darum alles so heroisch geraten sei und dass seine tiefste Überzeugung beileibe nicht seine Überzeugung sei, sondern ihm irgendwie von außen an- und zugeflogen sei, ihm irgendwie angerutscht und schließlich hineingerutscht sei? Ausgeschlossen! Denn solche Kleinheiten, wie angerutscht, in die Feder geflossen, entfahren, übergerutscht, haben in kulturell höherem Stil keinen Platz, höchstens dürfen sie als scherzhaftes Beiwerk in einem unverbindlichen, schaumigen Feuilleton figurieren. Vergeblich schämte und verbarg sich der unglückselige Heroiker, vergeblich versuchte er den Teilen zu entwischen: wen ein Teil einmal gepackt hat, lässt es nicht wieder los, und so musste er sich seinem Teile anpassen. Und er passte sich ihm solange an, bis er schließlich und gegen Ende seiner Karriere schon ganz derselbe und heroisch war - ein Schlappschwanz seines Heroismus. Nur seine Kollegen und Gefährten aus der Zeit seines Reifens mied er wie das Feuer, denn diese konnten nicht umhin, über seine Ganzheit zu staunen, die sich derart genau dem Teil angepasst hatte. Und sie riefen ihm zu: "He, Bolek! Erinnerst du dich noch an den Fingernagel...den Fingernagel...Bolek, Bolek, an den Fingernagel auf der grünen Wiese? An den Fingernagel? ... Bolek, wo ist der Fingernagel?" Dies also sind die fundamentalen, kapitalen und philosophischen Gründe, die mich dazu bewegt haben, mein Werk auf dem Fundament von einzelnen Teilen aufzubauen - das Werk als ein Teilchen des Werkes und den Menschen als eine Zusammenfassung von Teilen betrachtend -, während ich die gesamte Menschheit als ein Gemisch von Teilen und Stückchen auffasse. Wenn mir nun jemand vorwerfen wollte, dass solch eine teilweise Konzeption doch wirklich und wahrhaftig keinerlei Konzeption sei, sondern nur Quatsch, Unsinn, eine Verspottung der Gäste, und dass ich, anstatt mich den strengen Gesetzen und Regeln der Kunst zu unterwerfen, mich über sie durch so ein Gespött lustig zu machen suche - dem würde ich antworten, ja, das stimme und gerade das und nichts anderes sei meine Absicht. Und - bei Gott - ohne zu zaudern gestehe ich: ich möchte ebenso gern eurer Kunst entgehen, die ich nicht ausstehen kann, wie euch selber, ihr Herren! Denn auch euch kann ich nicht ausstehen mit euren Konzeptionen, eurer künstlerischen Haltung und eurer ganzen, kleinen Künstlewelt. |
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